18. EDUG Annual Meeting in Leiden

27. Juni 2025
von Heidrun Alex und Tina Mengel

Die European DDC Users Group (EDUG) ist die wichtigste Interessenvertretung für die Anwendung der Dewey-Dezimalklassifikation (DDC) außerhalb der USA. Einmal im Jahr trifft sich die Gruppe, entweder online oder auf Einladung einer der Mitgliederinstitutionen. Das Treffen beinhaltet in der Regel ein öffentliches Symposium zu aktuellen DDC-Themen und das interne Business Meeting – Alles dreht sich also zwei Tage lang um den internationalen Austausch zur Dewey Decimal Classification!

Zu Gast beim Online Computer Library Center (OCLC)

In diesem Jahr fand das Treffen am 8. und 9. Mai im OCLC Office in Leiden, Niederlande, statt. Zwischen Amsterdam und Den Haag gelegen, war die Stadt Leiden nicht nur leicht zu erreichen, sondern begeisterte die Teilnehmenden auch mit ihrer malerischen Schönheit.

Logo OCLC
Bild: OCLC.org

Die Räumlichkeiten vor Ort und die technische Ausstattung der Niederlassung von OCLC (Online Computer Library Center) boten den perfekten Rahmen für das Event, das als hybride Veranstaltung angelegt war. Alle waren sich einig: Die Veranstaltung wurde vom Organisationsteam um die EDUG-Vorsitzende und dem Team vor Ort perfekt vorbereitet und begleitet. Tina Mengel (Deutsche Nationalbibliothek), die seit 2024 Chair der Gruppe ist, moderierte souverän und charmant sowohl das Symposium am ersten als auch das Business Meeting am zweiten Tag.

WebDewey – Dreh- und Angelpunkt für die Zukunft der DDC

Im Mittelpunkt des Symposiums standen die Weiterentwicklungen und Chancen, die die heutigen digitalen Möglichkeiten für WebDewey, die DDC-Übersetzungen und die Bereitstellung der DDC-Daten eröffnen. Tina Mengel von der Deutschen Nationalbibliothek entwarf zunächst ein umfassendes Bild zum Klassifikationstool WebDewey in seinen verschiedenen Sprachversionen (neben dem englischen Original sind dies deutsch, französisch, italienisch, norwegisch, schwedisch; eine arabische und spanische Version sind in Arbeit) und setzte WebDewey in den Kontext der Entwicklungen der letzten 15 Jahre. Der Blick in die Zukunft begann mit zwei Präsentationen zum Einsatz von KI in der Übersetzung der DDC, vorgestellt von Tina Mengel (DNB) und Manal Balbaa (Bibliotheca Alexandrina, Ägypten) – Ein brisantes Thema, da KI-Methoden bereits heute aus der Übersetzungstätigkeit nicht mehr wegzudenken sind, eine automatisierte Übersetzung der DDC mit all ihren technischen und sprachlichen Besonderheiten jedoch alles andere als trivial ist. Die Frage, inwieweit KI hier eine effiziente Unterstützung bieten kann, die zugleich dem hohen Qualitätsstandard der Übersetzungen gerecht wird, stieß beim Publikum auf großes Interesse.

Jo Maxwell (Bibliographic Data Services Ltd, Scotland) und Alex Kyrios (Senior DDC Editor, OCLC, USA) befassten sich mit den Folgen, die der Ausgangpunkt der DDC als Druckausgabe immer noch für WebDewey hat. Sie zeigten zahlreiche Möglichkeiten auf, wie WebDewey weiter verbessert werden kann, um die Klassifizierung mit der DDC noch nutzerfreundlicher und effektiver zu gestalten.

Dewey Linked Data – Einführung und erste Erfahrungen

Seit einigen Monaten stellt OCLC die DDC zusätzlich als Linked Data zur Verfügung, was auch ein Ergebnis der langjährigen Bemühungen seitens der EDUG ist. Alex Kyrios und Jeff Mixter (OCLC) stellten die neuen Services und die zurzeit bestehenden Nutzungsmöglichkeiten vor. Tracy Arndt (Deutsche Nationalbibliothek) und Harriet Aagaard (Kungliga Biblioteket, Schweden) erläuterten die wichtige Rolle, die Linked (Open) Data in den deutschsprachigen Ländern und in Schweden spielt. Sie schilderten, wie die DDC dort genutzt wird und wie sich der neue Dienst weiterentwickeln muss, damit die DDC auch in maschinenlesbarer Form ihr volles Potential entfalten kann. Es folgte eine konstruktive Diskussion, in der das Team von OCLC Rede und Antwort stand und betonte, dass das Angebot von Dewey Linked Data mit dem erweiterten Verständnis der internationalen Anforderungen weiter ausgebaut werden würde. Man setze hier auf die Fortsetzung des Austauschs, denn: Alle verfolgen das gemeinsame Ziel, für die Millionen mit DDC-Notationen versehenen Titeln innovative und individuelle Recherchemöglichkeiten anbieten zu können.

Debatte um eine große Revision in der 200 (Religion)

Den Abschluss des Symposiums bildete die Diskussion über mögliche tiefgreifende fachliche Umstrukturierungen der DDC im Bereich der Religion (die 200er Klassen). Seit einiger Zeit gibt es Überlegungen, die traditionell stark auf das Christentum ausgerichtete Anordnung zugunsten einer Struktur aufzugeben, die alle Religionen gleichberechtigt abbildet und so dem religiösen Pluralismus unserer Zeit besser gerecht wird.

Aus dieser guten Absicht heraus wurde 2019 für die Religionen eine Optionale Gliederung entwickelt, die in einzelnen amerikanischen Bibliotheken bereits Anwendung findet. Alex Kyrios (OCLC) erläuterte die Hintergründe und stellte die Idee einer möglichen Revision der 200 vor, die sich an dieser optionalen Anordnung orientieren würde. Father Prodromos (Library of the Holy Monastery of Paraklitos, Griechenland) führte in seiner Präsentation ausführlich die Vorteile, vor allem aber auch die potenziellen Nachteile und Herausforderungen auf, die ein solch radikaler Eingriff in die hierarchische Struktur der DDC in diesem Bereich mit sich bringen würde, zumal man auch bedenken müsse, dass die Notationen eines riesigen Bestands an Titeln (weltweit) mit einem Mal nicht mehr gültig wären. In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass die EDUG-Mitglieder einer Änderung in dieser Form eher skeptisch gegenüberstehen und es als sinnvoll erachten, dass sich die kürzlich gegründete EDUG Working Group 200 Religion mit allen Aspekten des Themas auseinandersetzt. Außerdem wurde angeregt, auch die neuen Möglichkeiten von Dewey Linked Data für eine mögliche Lösung zu berücksichtigen.

Die EDUG-Familie wächst – und feiert bald Geburtstag!

Sowohl das Symposium als auch das Business Meeting zeigten deutlich: Die Zukunft und Weiterentwicklung der DDC hängt heute nicht mehr nur von den amerikanischen Herausgebern der DDC ab, sondern ist ein internationales Unterfangen. Die Zusammenarbeit der DDC-Sprachversionen untereinander und die enge Kooperation mit OCLC haben bereits viele Früchte getragen; dies zu erhalten, zu fördern und weiter auszugestalten gehört zu den Hauptanliegen der EDUG.

Das Gruppenfoto zeigt Mitglieder der European DDC Users Group beim Jahrestreffen 2025. Ort: OCLC Office, Leiden (NL). Foto: EDUG
Foto: EDUG

Und die internationale EDUG-Familie wächst weiter: So wurde in der Mitgliederversammlung der lateinamerikanische Bibliotheksdienstleister Referencistas, der für die spanische Übersetzung der DDC verantwortlich ist und OCLC in einigen lateinamerikanischen Ländern vertritt, herzlich als neues Mitglied willkommen geheißen.

Da die EDUG von Anfang an nicht nur die DDC Community in Europa angesprochen hat – mit Mitgliedern bereits aus Kanada und Ägypten – nahm die Gruppe den weiteren Zuwachs zum Anlass, sich eine spannende Aufgabe für die Zeit bis zum nächsten Treffen zu geben: Die EDUG sucht einen passenderen Namen, der ihre globale Ausrichtung besser widerspiegelt!

Das Meeting im nächsten Jahr wird wieder eine reine Online-Veranstaltung sein – allerdings aus gutem Grund: Die EDUG feiert 2027 ihr 20-jähriges Bestehen, und diese Jubiläumsveranstaltung soll natürlich in Präsenz stattfinden und will gut vorbereitet sein!

Die Präsentationen des Symposiums stehen auf der EDUG-Website zur Verfügung, um allen Interessierten einen tieferen Einblick in die besprochenen Themen zu ermöglichen. Ausführliche Informationen zur Dewey-Dezimalklassifikation (DDC) finden Sie auf den Seiten der Deutschen Nationalbibliothek.

*Nachweis Beitragsbild auf der Startseite:Foto: Tina Mengel

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