Besuch der Kulturstaatsministerin

3. März 2022
von Susanne Oehlschläger

Am Nachmittag des 28. Februar 2022 hat die Staatsministerin für Kultur und Medien Claudia Roth uns an unserem Frankfurter Standort besucht. Zusammen mit einem kleinen Team aus ihrem Ministerium nahm sie sich eineinhalb Stunden Zeit, um sich ein Bild von der Deutschen Nationalbibliothek und unserer Arbeit zu machen.

Frau Roth, Frau Ausmus, Frau Gömpel, Herr Scholze in der DNB Rotunde

Ein Besuch in der DNB lohnt sich immer – nicht nur für Minister*innen. Vieles gibt es hier zu erfahren und zu sehen. Um den engen Zeitplan der Staatsministerin wissend, haben wir uns daher im Vorfeld des Besuches überlegt, was wir ihr unbedingt zeigen wollen.

Wie können die Besonderheiten der DNB verdeutlicht werden? Mit den vielen Millionen gedruckter Bücher und trägergebundener Medienwerke, deren Zahl alleine schon beeindrucken kann? Zweifellos, aber es ist schwierig, sie in ihrer Gesamtheit zu präsentieren. Mit den Magazinen, in denen sie untergebracht sind? Diese alleine nehmen in Frankfurt eine Fläche von 30.800 Quadratmetern ein. Über die digitalen Publikationen? Auch ihre Zahl ist beeindruckend hoch – die 10 Millionen-Marke haben wir immerhin bereits Mitte 2021 überschritten und täglich kommen rund 5.600 neue hinzu. Aber sie können als Ganzes kaum präsentiert werden. Und beim Anschauen der Server, auf denen sie gespeichert sind, wird die Bedeutung der Medien nicht ohne Weiteres sichtbar.

Aber was wäre eine Bibliothek ohne die vielen Menschen, die sie täglich aufsuchen, um die gedruckten und digitalen Werke zu nutzen? Um zu recherchieren, zu lesen, zu forschen oder einfach in Ruhe zu schreiben. Und was wäre eine Bibliothek ohne ihre Lesesäle, also die Orte, die ihnen dies alles ermöglichen? Deshalb haben wir der Staatsministerin und ihrer Begleitung unsere Lesesäle gezeigt und dort exemplarisch einige Bestände und unsere Services vorgestellt.

Im Lesesaal konnte Claudia Roth unter anderem im Portal nach ihren eigenen Werken recherchieren und förderte dabei für sie Erstaunliches zu Tage. Mit einem Beitrag aus dem Jahr 1974, den sie in einer Publikation ihres damaligen Gymnasiums zum Abitur geschrieben hatte, hatte sie tatsächlich nicht gerechnet.

Als aktives Gedächtnis der Vergangenheit hat die DNB auch Schul- und Schülerzeitungen oder auch Berichte von Schulen und anderen Bildungseinrichtungen in ihrem Bestand. Und dieses aktive Gedächtnis reicht bis in die Zukunft. Denn was heute geschrieben und veröffentlicht wird, soll auch den Generationen von Morgen noch zur Verfügung stehen. Gerade deshalb sind auch die Sammlung und Langzeitarchivierung digitaler Publikationen so bedeutend. Was heute nicht gesammelt wird, gibt es morgen möglicherweise nicht mehr. Die DNB stellt damit sicher, dass große und bedeutende Publikationen des 20. und 21. Jahrhunderts auch künftig zur Verfügung stehen und die Forschung von morgen die Ära nicht als digitales schwarzes Loch ansehen muss.

Auch unser Angebot zur Nutzung digitaler Publikationen zeigten wir der Staatsministerin. Aus unserer vollständigen Sammlung digital erscheinender Tageszeitungen mit aktuell 1.200 laufenden Titeln und insgesamt 3.200.000 Ausgaben hat sie sich einen kürzlich erschienenen Beitrag über ihre Person im Tagesspiegel angesehen. Und wir stellten ihr die Sammlung von Musikressourcen vor. Aus Gründen der Bestandserhaltung hat die DNB all ihre Musik-CDs ins Digitale migriert, so dass in den Lesesälen an beiden Standorten auf diese zugegriffen werden kann. Als anschauliches Beispiel diente Musik von „Ton, Steine, Scherben“, jener Politrockband, die Claudia Roth von 1982 bis 1985 managte.

Frau Roth und Herr Scholze im Gespräch.

Die Kulturstaatsministerin informierte sich ausführlich und zeigte auch ein großes Interesse an den aktuellen Vorhaben zu geplanten Erweiterungen unserer Leistungen, darunter einigen baulichen Vorhaben und Veränderungen. Eines dieser aktuellen Vorhaben „Dimensions of Testimony“ zielt auf die Erweiterung der Dauerausstellung des Deutschen Exilarchivs 1933–45 um digitale Vermittlungs- und Visualisierungsmöglichkeiten. Als ein Baustein des Vorhabens sollen dort Interviews mit Zeitzeug*innen der Shoah interaktiv und dreidimensional erlebbar werden. Besonders ergriffen und berührt war Claudia Roth von der als Video gezeigten persönlichen Begrüßung durch Dr. Kurt Salomon Maier, einem der für das Projekt Befragten. Deutlich sichtbar zeigte sich, dass die Staatsministerin es als politischen Auftrag Deutschlands sieht, an das Exil aus dem Machtgebiet der NS-Diktatur zu erinnern und die Erfahrung dieses Exils mit den Themen der Gegenwart zu verbinden. Und dass ihr dies ein wichtiges und durchaus persönliches Anliegen ist.

So war denn auch der weitere Besuch der Delegation im Deutschen Exilarchiv 1933–1945 ein besonderes Highlight. Dessen Leiterin Dr. Sylvia Asmus führte die Gruppe durch die breit angelegte Dauerausstellung „Exil. Erfahrung und Zeugnis“ und machte die Arbeit des Exilarchivs deutlich. Sie präsentierte dabei besondere Exponate aus der Sammlung des Archivs, die auch hier mit Bezug auf ihre Vita eigens für Claudia Roth ausgewählt wurden: eine handbestickte Tasche von Irma Lange, die die Erfahrung der Internierung aufzeigt, die Visitenkarte von Harry Zlotnicki, der als Zahnarzt Zuflucht in Shanghai gefunden hatte, sowie Briefe von Bertolt Brecht, Albert Einstein und Sigmund Freud.

Frau Roth und Frau Asmus im Gespräch an der Vitrine der Tasche von Irma Lange.
Frau Roth, Frau Asmus und Herr Scholze betrachten u.a. die Briefe von Bertolt Brecht, Albert Einstein und Sigmund Freud.

Eine Überraschung für Claudia Roth war auch ein fotografischer Gruß von Inge Auerbauer, die am 27. Januar 2022, am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus vor dem Deutschen Bundestag gesprochen hat. Auch sie wird als Zeitzeugin in dem Projekt „Dimensions of Testimony“ des Deutschen Exilarchivs und der USC-Shoah-Foundation mitwirken.

Frau Roth und Frau Asmus im Gepsräch vor einer Wand mit Zeichnungen in der Sonderausstellung Kinderemigration aus Frankfurt.

Schließlich führte der Weg der Delegation auch in die aktuelle Sonderausstellung „Kinderemigration aus Frankfurt“, die sich in sechs Biografien dem Thema der Kindertransporte aus Frankfurt widmet. Auch hier traf Claudia Roth auf eine Bekannte: ein Kabinett der Ausstellung ist Dr. Ruth K. Westheimer gewidmet, die in den USA eine bekannte Sexualthererapeutin ist und als Karola Siegel aus Frankfurt flüchtete.

Rückblickend freuen wir uns sehr über das erkennbar große Interesse von Claudia Roth und ihrer Behörde an der Deutschen Nationalbibliothek und unserer Arbeit. Und auch an den Kolleg*innen, die hier arbeiten. Der Besuch im Lesesaal und gerade auch im Deutschen Exilarchiv 1933-45 und dort die Begegnung mit Exponaten, die sie sehr berührt haben, hat gezeigt, dass sich hier ein Mensch mit großer Empathie für historische wie aktuelle Themen gut aufgehoben fühlte. Die Staatsministerin ebenso wie die Mitglieder ihrer Delegation waren vom Empfang in der DNB sehr angetan, davon zeugte nicht zuletzt auch die gelöste und heitere Stimmung. Und was könnte ein schönerer Beweis dafür sein als das Versprechen, wiederzukommen? Auch bei den Kolleg*innen in Leipzig ist die Staatsministerin jederzeit herzlich willkommen!

Nachweis Bilder im Beitrag: DNB Stephan Jockel CC-BY-SA 3.0DE.

*Nachweis Beitragsbild auf der Startseite:DNB Stephan Jockel CC-BY-SA 3.0DE

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