Das Militär und die deutsche Sprache
Neulich erst lag auf meinem Tisch die Konferenzschrift „Der Geist von Potsdam. Preußisches Militär als Tradition und Erbe“ (https://d-nb.info/1324071761). Der Titel machte mich nachdenklich und ich erinnerte mich an eine Konversation, bei der ich verwundert von den Gesprächsteilnehmenden auf meinen Satz „Kein Plan überlebt Feindkontakt“ angesprochen wurde. Wir Menschen tendieren dazu, alltägliche Dinge als gegeben hinzunehmen. Das reicht von den fliegenden Stahlmonstern im Himmel über die technologischen Kommunikationsmeisterwerke in unseren Hosentaschen hin zur lebendig benutzten Sprache. Letzteres ist immer wieder Gegenstand heftigster Diskussionen eines vermeintlichen Kulturkampfes, bei dem Einige absurderweise denken, den fortwährenden Wandel von Sprache aufhalten zu können. Allerdings ist dieser Wandel ein langsamer, mehrere Generationen umfassender Prozess, der nicht nur dicke Luft erzeugt, sondern auch die Grenzen auslotet und schließlich neue Sprachgebräuche etabliert. Diese stammen aus den Lebenswelten und –erfahrungen der besagten Generationen.
Der deutsche Militarismus ist zwar historisch gesehen kein Einzelfall, jedoch für die deutsche Gesellschaft und damit auch die deutsche Sprache ein (bis heute) prägender Faktor, wie die obige Publikation thematisiert. Da eine Reflexion über militärische Begriffe im Alltag nur in der bewussteren Verwendung im Sprachgebrauch münden kann, möchte ich mit folgender Liste unterstützen. Ich vermute, dass sie nicht vollständig ist und bei einigen Einträgen bestimmt Zweifel bestehen. Anfangen muss man aber irgendwo.1
Wort / Redewendung | Alltagssprachliche Verwendung | (vermutete) Herkunft |
08/15 | gewöhnlich, nichts Besonderes | Zur Zeit des Ersten Weltkriegs war das Maschinengewehr 08 des Jahrgangs 1915 Standard und wurde auch für eintönige (gewöhnliche) Übungen verwendet. |
Abmarsch! | Eine Person oder Gruppe in Bewegung setzen. Signal an andere, loszugehen. | Ein Abmarschbefehl für Soldaten. |
sich vom Acker machen | Verschwinden, abhauen | Herkunft nicht zweifelsfrei belegt. Möglicherweise, weil das Übungsgelände „Acker“ genannt wurde. Ein Soldat hat sich vom Acker gemacht um sich vor Übungen zu drücken. Könnte allerdings auch von Bauern stammen, die nicht wollten, dass man ihren Acker betritt. |
Alarm schlagen | ein Notsignal absetzen, öffentlich auf eine Bedrohung hinweisen | Entlehnung des italienischen „allarme“ im 15. Jhd. ins Deutsche. Militärischer Weckruf „all’arme!“ (Zu den Waffen!). |
etwas in Angriff nehmen | damit anfangen, etwas zu tun; zum Beispiel ein Vorhaben in die Tat umsetzen | Angriff als aktive aggressive Konfrontation mit dem Feind. |
Ich versteh nur Bahnhof | etwas nicht verstehen | Für Soldaten im Ersten Weltkrieg war der Bahnhof das Symbol des Heimaturlaubes oder der Heimkehr. |
letzte Bastion | z.B. Bastion des Friedens. Feste Einrichtung für oder gegen etwas | Vorgezogener Verteidigungspunkt einer Festung. |
Berserker | brutaler oder ungestümer Mensch ohne Rücksicht | Krieger, der ohne Schmerzempfinden im Wahn kämpft. |
Blockbuster | Kinofilm (oder anderes Medium), der massive Einnahmen generiert und von einem Millionenpublikum konsumiert wird | Die Bezeichnung wurde ursprünglich für eine Fliegerbombe (Luftmine) im Zweiten Weltkrieg verwendet, mit der ein gesamter Wohnblock zerstört werden konnte |
am Boden zerstört sein | aufgrund eines Misserfolges oder Schicksalsschlages niedergeschlagen und sehr traurig sein | Seit dem 1. Weltkrieg las man in den Medien Meldungen über Verluste an Flugzeugen. Die immer gleiche Formulierung lautete „soundsoviele in der Luft, soundsoviele am Boden zerstört.“ |
mit Fragen bombardiert werden | Mit sehr vielen Fragen konfrontiert werden. | Als Bombardement bezeichnet man jeden kriegerischen Akt, bei dem Bomben eingesetzt werden. |
eine Bombe hat eingeschlagen | Ein Raum, der vor lauter Unordnung wie die Verwüstung eines Bombeneinschlags aussieht | Explosion einer Bombe. |
Bombensicher | ohne jeden Zweifel, todsicher | Die Festigkeit eines Luftschutzbunkers. |
Bombenwetter / -stimmung | besonders schönes Wetter, besonders gute Laune | Im zweiten Weltkrieg flogen die Piloten Bombenangriffe auf feindliche Städte, meist in wolkenlosen, sternenklaren Nächten, um das Ziel besser sehen zu können. Dadurch bekam der Begriff Bombenwetter eine negative Bedeutung. |
für jemanden in die Bresche springen | Beistand leisten, in einer kritischen Situation für jemanden einspringen / helfen | Ihren Ursprung hat die Redewendung in der mittelalterlichen Kriegsführung. Wer eine Burg oder eine Stadt erobern wollte, musste zunächst die hohen Befestigungsanlagen überwinden. Eine Strategie war, Löcher – französisch „la breche“ – in die Mauer zu schlagen. Die besonders Mutigen sprangen gleich hinein. |
Dauerfeuer | anhaltende kritische Äußerungen jemandem gegenüber | Anhaltender Beschuss von Artillerie. |
in Deckung gehen | sich bei drohender Gefahr hinter einen Gegenstand oder Bauwerk stellen | Dem Beschuss durch Kugeln oder Bomben durch den Schutz von Gegenständen oder Bauwerken entgehen. |
ins Fadenkreuz nehmen | in den besonderen Fokus von jemandem genommen werden, etwa von polizeilichen Ermittlern | Das Fadenkreuz hilft Scharfschützen bei der genauen Positionierung eines Schusses. |
weiße Flagge | aufgeben | Die weiße Flagge wurde schon in der Antike als Symbol einer Aufgabe benutzt. Soldaten können mit dieser zeigen, dass die Gegenwehr ausbleibt und sie sich ergeben möchten. |
das Feld räumen | jemand Anderem den Platz überlassen | Das Schlachtfeld wird bei der Kapitulation oder dem Rückzug geräumt. |
Feuer Frei! | etwas beginnen, anfangen | Schießbefehl. |
die Flinte ins Korn werfen | aufgeben nach anfänglichen Versuchen | Die Schweden brachten diesen Begriff mit, da Feuersteinschlossgewehre als „Flinte“ bezeichnet wurden. Im militärischen Sinne ist damit die Desertion bzw. Fahnenflucht gemeint. |
an vorderster Front (kämpfen) | jemanden, der in einem Konflikt eine zentrale Rolle einnimmt | Die vorderste Front ist die vorderste Linie, an der im Krieg gekämpft wird. |
Fronten wechseln | sich auf die Seite der vormaligen Gegener stellen, überlaufen | Die Front ist der Punkt des Zusammenstoßes zweier gegnerischer Truppen. |
im Eifer des Gefechts vergessen | etwas aufgrund von einer hektischen und unübersichtlichen Situation vergessen | Gefecht meint einen bewaffneten Zusammenstoß von feindlichen militärischen Bodentruppen, ist meist von kurzer Dauer. |
für alle Fälle gerüstet sein | gut vorbereitet sein für verschiedene Situationen | Wenn ein Ritter in den Kampf zog, legte er die vollständige Rüstung an. |
schwere Geschütze auffahren | sich jemandem heftig entgegenstellen, gewichtige (Gegen-)Argumente voranbringen | Schweres Geschütz meint schwere nicht zum Handgebrauch geeignete Waffen, z.B. Kanonen, Haubitzen, Granatwerfer. |
Gewehr bei Fuß | stets bereit sein; auf den Anfang warten | Ein Kommando im Rahmen der Vorbereitung zum Schießen. |
Grabenkämpfe | verbissene Auseinandersetzungen in einem andauernden zwischenmenschlichen Konflikt | Der Begriff kam um 1915 unter dem Eindruck des Stellungskriegs auf. Meint einen Kampf innerhalb des oft sehr unübersichtlichen Labyrinths der Schützengräben. |
ins Gras beißen | sterben | Schon bei Homer bissen die Soldaten ins Gras, um den Schmerz besser aushalten zu können. |
die Grenzen ausloten | Er bedeutet heute, dass man prüft, wie weit man mit seinem Verhalten beim Gegenüber gehen kann. | Der Ausdruck kommt allerdings aus der Marine, denn früher wurde die Wassertiefe mit einem Lot gemessen. Dazu kamen Bleigewichte an einer robusten Schnur zum Einsatz, das Senklot. |
die Hammelbeine langziehen | jemanden zurechtweisen | Aus dem Soldatenjargon in Bezug auf den scharfen Ton eines Vorgesetzten gegenüber seinen Soldaten. |
voll wie eine Haubitze sein | stark betrunken | Eine Haubitze ist ein Artilleriegeschütz zum indirekten sowie direkten Beschuss auf große Entfernung. |
ins Hintertreffen geraten | einen Nachteil erhalten, eine ungünstige Position erhalten | „Hintertreffen“ wurden seit der frühen Neuzeit die hinteren Reihen bei der Schlachtaufstellung bezeichnet. Diese am Kampf oft unbeteiligten Reservetruppen hatten keinen Anspruch auf Kriegsbeute. |
ganz anderes Kaliber | ein anderes Format haben, besondere Eigenschaften haben | Verschiedene Waffengattungen haben verschiedene Kalibergrößen. |
Kamikazeaktion | Unternehmung, bei der jemand sehr viel aufs Spiel setzt, sich in Gefahr bringt | Selbstopfereinsätze japanischer Piloten gegen Schiffe der United States Navy, Royal Navy und Royal Australian Navy während der letzten Kriegsjahre 1944 und 1945. |
mit Kanonen auf Spatzen schießen | massive Überreaktion, unverhältnismäßig großer Einsatz (von Mitteln) zur Erreichung eines Ziels | Aus der Zeit der Kriege mit Pferden und Kanonen. Pferde konnten Kanonen nichts entgegen setzen. |
aufs Korn nehmen | ⟨jmd. nimmt jmdn., etw. aufs Korn⟩ sich (in kritischer Absicht) satirisch, humorvoll mit jmdm., etw. ⟨jmd. nimmt jmdn., etw. aufs Korn⟩ in einer bestimmten Absicht gezielt die Aufmerksamkeit auf jmdn., etw. richten | Die Kimme, eine V-förmige Aussparung am vorderen Teil eines Pistolen- oder Gewehrlaufs, und das Korn, eine Erhöhung am Ende des Laufs, sind Teile der Zielvorrichtung einer Schusswaffe. Zum Anvisieren richtet der Schütze das Korn auf das Ziel aus, wobei Kimme und Korn eine Linie bilden müssen. |
Kraftprotz | ein muskulöser, stark durchtrainierter Mensch | Artilleristen, die durch die schwere Arbeit mit der Geschützmunition muskulös wurden |
ins Kreuzfeuer gelangen | aus unterschiedlichen Richtungen Argumente bekommen, ins Kreuzverhör gelangen | in den sich überlappenden Wirkungsbereich von verschiedenen bzw. unterschiedlichen Waffen zu geraten |
Krieg gegen Drogen | Maßnahmen gegen das gesellschaftliche Drogenproblem | Krieg als Form menschlicher und gesellschaftlicher Konfliktaustragung. |
Kriegsbeil begraben | Einen Konflikt beenden | Bei den amerikanischen Urweinwohnern benutzte Streitaxt, um den Kriegszustand zu symbolisieren. |
auf Kriegsfuß stehen | Mit einer Sache nicht gut können oder mit Etwas in Konflikt stehen | Wurde eine Armee auf Kriegsfuß gesetzt, wurde die Truppenstärke auf den erforderlichen Kriegsstand aufgestockt und mit der für die Kriegsführung erforderlichen Ausrüstung versehen. Die Stärke des Heeres oder einzelner Truppenteile wurde in Soldaten angegeben. Soldaten, die auf Kriegsfuß gesetzt waren, unterstanden ab sofort der Militärgerichtsbarkeit und erhielten für gewöhnlich die vollständige Feldverpflegung sowie mehr Sold. |
Nebenkriegsschauplatz | etwas von untergeordneter Bedeutung; ein weniger wichtiger Aspekt bzw. ein nicht zu dem Gesichtspunkt gehörender Aspekt | Ort, an dem Kampfhandlungen stattfinden, die weniger wichtig sind als andere. |
Lagebericht | Bericht über eine Sachlage | Lagebericht nennt man auch zusammenfassende, oft vertrauliche oder geheime Berichte an Führungspersonen von Militär oder Staat. |
für jemanden eine Lanze brechen | jemandem beistehen, sich für jemanden einsetzen | Ursprünglich von den Rittertournieren, bei denen u.a. berittene Ritter mit Lanzen aufeinander losgingen. Dies geschah oft im Namen einer holden Dame. |
Laufpass | jemanden wegschicken, eine Beziehung beenden | Einen Laufpass, auch Laufzettel, erhielten Soldaten im 18. Jahrhundert, wenn sie aus dem Militär entlassen wurden. Der Laufpass diente als Nachweis, dass der Inhaber kein Deserteur war. |
Dicke Luft | schlechte Stimmung zwischen mehreren Parteien | Wahrscheinlich kam die Bedeutung „bedrohliche Stimmung“ im Ersten Weltkrieg auf, wo dicke Luft bedeutete, dass die Luft mit Granatsplittern und feindlichen Geschossen durchsetzt war. |
in die Luft gehen | sich über alle Maße aufregen, oftmals mit schreien verbunden. | Bomben explodieren, gehen also in die Luft. |
Lunte riechen | Jemand ist misstrauisch einer Situation oder Personen gegenüber und sucht nach dem Ursprung seines Verdachts | Schießpulver besteht aus Salpeter, fein gemahlener Kohle und Schwefel. War das Gemisch entzündet, verließ die Gewehrkugel nach der Explosion des Pulvers den Lauf der Waffe. Besonders feine Nasen rochen deshalb bereits das Abbrennen der Lunten, während weniger Vorsichtige im Pulverdampf tot zusammensanken. |
den Marsch blasen | eine meist widerspenstige Person zur Vernunft bringen | Der Begriff stammt ursprünglich aus der Soldatensprache. Zum (Ab-)Marsch blasen war ein Trompetensignal zum Sammeln vor dem Abmarsch der Truppe. Wer ihm nicht folgte, musste mit schweren Konsequenzen rechnen. |
in ein Minenfeld geraten | In einer Situation sein, in der ein falsches Wort eine (soziale) Katastrophe auslösen kann. | Minenfelder werden zur Panzer- und Personenabwehr in Kriegs- oder Krisengebieten angelegt. |
in die Offensive gehen | Den ersten Schritt machen, meist auch ungestüm und vorpreschend | Die Offensive ist ein koordinierter Angriff von Truppenverbänden oder einer Armee. Auch im Sport benutzt. |
Pappenheimer | Die Pappenheimer kennen, heißt, von einer bestimmten Gruppe spezielle (meist negative) Fähigkeiten oder Taten erwarten | Die Pappenheimer galten als besonders tapfere Regiments-Angehörige. Sie versicherten dem Herzog von Wallenstein trotz Landesverrats ihre Treue. Populär wurden sie durch Friedrich Schillers Drama „Wallensteins Tod“. Darin legte der Dichter dem Feldherrn Wallenstein das Zitat „Daran erkenn‘ ich meine Pappenheimer“ in den Mund. |
Persilschein | entlastendes Zeugnis | Vom Waschmittel stammend. Menschen, die durch die alliierte Entnazifizierung „reingewaschen“ wurden. |
etwas auf der Pfanne haben | Menschen, die kompetent und leistungsfähig sind | Stammt von den Lunten- und Steinschlossgewehren, die auch im Dreißigjährigen Krieg eingesetzt wurden. Diese besaßen eine kleine Mulde – die Pfanne –, in die man das Zündpulver schüttete. Wer also „etwas auf der Pfanne“ hatte, konnte gleich losschießen |
von der Pike auf | etwas von Anfang an gelernt und bis zur Meisterschaft gelernt haben | Im 17. Jahrhundert waren die einfachen Armeesöldner mit Piken ausgerüstet. Stiegen diese in höhere Ränge auf, hatten Sie das von der Pike auf gelernt. |
wie aus der Pistole geschossen | prompt, sofort | Eine Kugel tritt mit sehr hoher Geschwindigkeit aus dem Lauf einer Pistole aus. |
verlorenen Posten stehen | eine nicht lösbare Aufgabe vor sich haben | Eine Gefechtsposition, die nicht mehr zu halten ist. |
Pulver verschossen | leer sein, keine Leistung mehr vollbringen können | Kein Schießpulver mehr für seine Feuerwaffe haben. |
Pulverfass | brisante, gefährliche, spannungsreiche (politische) Lage/Situation | Fass zur Aufbewahrung und zum Transport von Schießpulver. |
unter dem Radar fliegen | sich unaufällig verhalten | So fliegen, dass der Militärradar einen nicht anzeigt. |
die Reißleine ziehen | eine Situation nicht mehr hinnehmen, das Handeln verändern | Luftfahrt: Fallschirmspringer zogen die Reißleine, damit der Fallschirm aufgeht. |
am Riemen reißen | sich beherrschen, sich anstrengen | Saß die Uniform der Soldaten und mit ihr der Gürtel – der „Riemen“ – beim Appell nicht korrekt, mussten sie sich „am Riemen reißen“. Sie mussten diesen also in die vorgeschriebene mittige Position bringen. |
Revue passieren | etwas Vergangenes in Erinnerung rufen | Truppen Parade laufen lassen. |
Rohrkrepierer | eine aussichtsreine Sache, die sich als Reinfall herausstellt | Ein Geschoss, welches im Rohr bereits detoniert. |
den Rükzug antreten | Zugeständnisse machen, sich zurückziehen, aufgeben | Rückzug bezeichnet in der Militärtaktik, das Gebiet auf dem Kämpfe stattfinden, ganz oder stückweise zu verlassen. |
Schema F | schablonenhaft, unpersönlich, nach vorgegebenen Muster | Ein Berichtsformular beim deutschen Militär seit 1861 war mit „F“ (für „Frontrapport“) bezeichnet und hatte in immer der gleichen, genau vorgeschriebenen Weise Angaben über den Bestandsnachweis der vollen Kriegsstärke zu enthalten. |
dann schieß mal los | zu sprechen beginnen, zu rennen beginnen | Eine Waffe abfeuern. |
etwas im Schilde führen | einen bösen Plan haben | Am Schildwappen konnte die Herkunft des (ritterlichen) Trägers erkannt werden. |
auf dem Schirm haben | etw. registrieren, wahrnehmen; sich einer Sache, Angelegenheit o. Ä. bewusst sein; etw. planen, vorhaben | Aus der Radartechnologie der Luftfahrt. |
Materialschlacht | verschwenderischer Einsatz von Dingen, z.B. Papier | Bezeichnete ursprünglich im Ersten Weltkrieg eine Schlacht mit besonders starkem Einsatz von Kriegsmaterial wie schweren Waffen und Flugzeugen. |
Schlachtplan | die Entwicklung einer Strategie für ein Vorhaben | Ein Schlachtplan bezeichnete einen taktischen Plan eines obersten militärischen Befehlshabers für eine bevorstehende Schlacht. |
aus der Schusslinie gehen | einem Gegenstand oder einer sozialen Situation aus dem Weg gehen | Vor einem Beschuss in Deckung gehen. |
Alter Schwede! | „alter Freund“, aber auch Ausdruck des Erstaunens bzw. der Überraschung | Nachklang des Dreißigjährigen Krieges, als schwedische Veteranen nicht zurück nach Schweden gingen, sondern Ausbilder der preußischen Armee wurden. Die waren besser ausgebildet und sehr geschätzt. Man nannte sie „alte Schweden“. |
Spießbürger | engstirnige Person, die Konformität mit gesellschaftlichen Normen an den Tag legt | Ärmere Bürger der mittelalterlichen Stadt, die mit Spieß und Pike bei der Stadtverteidigung halfen. |
Spießrutenlauf | Situation, in der mit der Feindseligkeit mehrerer Personen umgegangen werden muss | Militärische Körperstrafe, bei der der Verurteilte durch eine Gasse mehrerer Dutzend oder Hundert Soldaten gehen musste und von jedem einen Stockschlag erhielt |
jemanden bei der Stange halten | jemandem treu bleiben | In der Barockzeit wurden prächtige Standarten getragen, vereinfacht gesprochen waren das Stangen mit aufwendig gefertigten Fahnen, den Feldzeichen, die oft goldbestickt waren. Diese Standarten sind die Grundlage der Redewendung „jemanden bei der Stange halten“. Das bedeutet dafür zu sorgen, dass sich eine Person über einen längeren Zeitraum hinweg – auch unter schwierigeren Bedingungen – für etwas engagiert, mitarbeitet bzw. begeistert. |
sich aus dem Staub machen | heimlich verschwinden, die Fliege machen | „Sich aus dem Staub machen“ kommt aus jener Zeit der Kriegsführung, in der militärische Schlachten im Getümmel ihren Verlauf nahmen. Dabei wirbelten die Soldaten viel Staub auf, und jene, die an ihrem Leben hingen, konnten deshalb unbemerkt verschwinden und „sich aus dem Staub machen“. Das Verweigern der Soldatenpflicht – die Fahnenflucht – war natürlich bereits damals verboten. Der Ausdruck hat sich bis in die Gegenwart gehalten. |
Stealth Modus | sich unaufällig verhalten, unsichtbar sein | Tarnkappenbomber mit spezieller Verschleierungstechnologie. |
die Stellung halten | an Ort und Stelle bleiben, i.d.r. bis jemand zurückkommt | Die Stellung ist im Militärwesen der selbstgewählte Aufenthaltsort von Kampfverbänden oder Teilen derer während eines Gefechts. |
Tollpatsch | ungeschickte Person | Der Tollpatsch hieß im 17. Jahrhundert noch Tolbatz und bezeichnete ungarische Fußsoldaten. Der Wortursprung talpas – was so viel heißt wie breitsohlig – verweist auf das Fußkleid der ungarischen Infanteristen: Diese trugen anstelle von festen Schuhen mit Schnüren befestigte Sohlen. Im Österreichischen wurde das Wort zu einer Spottbezeichnung. |
Trenchcoat | Bekleidungsstück | wörtlich: Schützengrabenmantel |
auf Tuchfühlung gehen | intensive Annäherung zwischen Menschen | Beim Antreten stehen Soldaten oft so dicht nebeneinander, dass der Stoff (bzw. das Tuch) der Uniform das Tuch des Nebenmanns berührt. |
verfranzen | sich verlaufen, verirren | sich verfliegen, abgeleitet vom Eigennamen Franz als einer scherzhaften Bezeichnung für den Beobachter (Navigator) in (zuerst zweisitzigen) Flugzeugen. |
verschanzen | sich in einer schützenden Struktur für längere Zeit aufhalten | Von Schanze, militärische Befestigungsanlage. |
jmd. ins Visier nehmen | sich auf eine Person fokussieren, meist mit niederen Absichten | Visier ist die Zielvorrichtung an Waffen. |
auf Vordermann bringen | jemanden oder etwas in Ordnung bringen. | Rekruten, die sich ordentlich aufstellten, mussten exakt in einer Linie mit den Soldaten vor ihnen stehen – falls nicht, brachte sie der Ausbilder auf Vordermann. |
die Waffen strecken | angesichts von (sich ankündigenden) Schwierigkeiten (von vornherein) kampflos bzw. nach kurzem Kampf aufgeben, resignieren | Kapitulieren. |
die Werbetrommel rühren | genereller Begriff für Werbung und Marketing. Meist auf bestimmte Vorhaben bezogen. | Ursprünglich wurde mit der Werbetrommel im 17. Jahrhundert die Trommel bezeichnet, mit der Landsknechte für den Kriegsdienst angeworben wurden. |
wummern | Bässe von Soundanlagen wummern | Geschütze wummern in der Ferne. |
Zielwasser | Alkoholische Getränke. | In der Soldatensprache alkoholische Getränke, die zur Treffsicherheit beitragen sollten. |
- Die Definitionen sind teilweise von den lexikalischen Artikeln auf Wikipedia, dem Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache sowie dem Wiktionary entnommen. ↩︎
Linus Hartmann-Enke
Dr. Linus Hartmann-Enke ist stellvertretender Leiter und Referatsleiter Sammlungen des Deutschen Buch- und Schriftmuseums.
Das ist ein sehr unterhaltsamer und interessanter Beitrag! Erstaunlich – viele dieser Redewendungen werden im Alltag verwendet, unwissend deren militärischer Herkunft. Die Liste lädt dazu ein ergänzt zu werden.