„Golf von Mexiko“ oder „Golf von Amerika“?

6. Mai 2025
von Esther Scheven

Wer bestimmt über die geografischen Namen in der Gemeinsamen Normdatei (GND)? Wie werden ihr bevorzugter und abweichender Name festgelegt?

Das ist alles genau geregelt. Die GND folgt dem Nachschlagewerksprinzip; soll heißen, geografische Namen werden so erfasst, wie sie im relevanten Nachschlagewerk benannt sind. Für naturräumliche Einheiten ist es aktuell an der ersten Stelle der „Brockhaus-Wissensservice“. Dort heißt der „Golf von Mexiko“ „Golf von Mexiko“. Also ist dies auch die Vorzugsbenennung. Der Datensatz in der GND wurde allerdings bereits um 1986 erfasst; damals waren die relevanten Quellen „Meyers enzyklopädisches Lexikon“, im Datensatz mit „M“ abgekürzt, und „Brockhaus-Enzyklopädie, 1986“, im Datensatz mit „B 1986“ abgekürzt. Da sich der Name für den Eintrag in den Nachschlagewerken nie geändert hat, brauchen die Quellenangaben in der GND nicht aktualisiert werden.

Was tun, wenn der amerikanische Präsident plötzlich den Namen ändert? Auch da ist guter Rat teuer.

Der StAGN

Aber es gibt zum Glück ein Gremium von Fachleuten, das gerade auf solche Fragen spezialisiert ist: Der StAGN (Der Ständige Ausschuss für geografische Namen). Er empfiehlt, fördert und erarbeitet Regeln für den einheitlichen Gebrauch von geografischen Namen.

Und da die Fachbehörde des Bundes, die am meisten mit geographischen Namen zu tun hat, das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie in Frankfurt am Main ist, hat dort auch der StAGN seine Geschäftsstelle.

Die ständigen und nichtständigen Mitglieder (insgesamt zwischen 20-30 Personen) des StAGN arbeiten ehrenamtlich. Sie kommen z. B. aus den Vermessungsverwaltungen des Bundes und der Länder (einschließlich Österreich und Schweiz), aus renommierten Fachgesellschaften (Deutsche Gesellschaft für Geographie; Deutsche Gesellschaft für Kartographie), aus großen Bibliotheken (Staatsbibliothek zu Berlin mit einer sehr großen Kartenabteilung, Deutsche Nationalbibliothek mit der Verantwortung für die Namen in der GND) und vielen weiteren Fachbehörden sowie Verlagen.

Die Aufgaben des StAGN sind mit folgendem Inhalt festgelegt:

  • Vereinheitlichung des amtlichen und privaten Gebrauchs von geographischen Namen im deutschen Sprachgebiet durch Herausgabe entsprechender Empfehlungen oder Richtlinien;
  • Vertretung der erarbeiteten Richtlinien im In- und Ausland und in internationalen Gremien;
  • Mitwirkung bei geographischen Namenverzeichnissen, die den Empfehlungen und Resolutionen der Vereinten Nationen zur Standardisierung geographischer Namen entsprechen sollen;
  • Herausgabe und Laufendhaltung einer synoptischen Liste der im deutschen Sprachgebiet verwendeten Staatennamen;
  • Erarbeitung einer Liste deutscher Exonyme, d.h. von Namen, die in der deutschen Sprache anders lauten als in der Amtssprache des betreffenden Staates.

StAGN-Empfehlung

Und als Donald Trump neue Namen verkündetet, hat sich der StAGN (zum Post des BKG) auch schnell damit beschäftigt und eine Empfehlung geschrieben:

Screenshot bkg.bund.de

Stellungnahme herunterladen (PDF, 146KB, Datei ist nicht barrierefrei)

Ich zitiere aus der Empfehlung:

Einleitung

Ein geografischer Name erfüllt zwei Grundfunktionen:

  • Identifikationsfunktion – Er dient der eindeutigen Identifikation eines geografischen Objektes
  • Verortungsfunktion – Er soll die Lokalisierung dieses Objektes im Raum ermöglichen

Den internationalen Gepflogenheiten folgend sind in Publikationen primär die am Standort des Objektes gebräuchlichen (amtlichen) Namen zu verwenden (Endonyme). (Anm. d. Verf: Endonyme sind die Eigenbezeichnungen, z. B. „Praha“ statt „Prag“). Sofern es in der Publikationssprache einen von der ortsüblichen Form abweichenden Namen gibt, und dieser ein lebendiger und allgemein bekannter Name für ein Objekt ist, kann auch dieser verwendet werden (Exonyme) (Anm. d. Verf: „Prag“ wäre das deutsche Exonym zu „Praha“). Ausschlaggebend dafür sind die beiden oben genannten Grundfunktionen.

Der StAGN empfiehlt im Einklang mit den Vereinten Nationen, Umbenennungen von geographischen Objekten nur mit großer Vorsicht und Zurückhaltung vorzunehmen, besonders dann, wenn Namen gut eingeführt sind und von weiten Teilen der ortsansässigen Bevölkerung verwendet werden.

Golf von Mexiko <|> Golf von Amerika: Die Aufgabe der Internationalen Hydrographischen Organisation (IHO) ist es, Standards und Verfahren für die Benennung von Meeresnamen und ihren Teilen festzulegen, um größtmögliche Sicherheit vor allem in der Seeschifffahrt zu gewährleisten. Sie ist aber kein Schiedsgericht, das für alle Mitgliedsländer einen einheitlichen Sprachgebrauch vorschreiben kann. Für das Deutsche existiert dafür die gebräuchliche Übersetzung Golf von Mexiko, unter der dieser Meeresteil in der jeweiligen Sprache auch weltweit bekannt ist. Golf von Amerika ist ein künstlich geschaffener, politisch motivierter Name, der aktuell keine der beiden Grundfunktionen erfüllt. Deshalb empfiehlt der StAGN den Namen Golf von Mexiko beizubehalten.…“

Die Stellungnahme ist sehr gründlich und lesenswert. Hier habe ich mich auf einen kleinen Ausschnitt beschränkt.

Und die Diskussionen um den „Golf von Mexiko“ haben wir in der Normdatei wie folgt umgesetzt:

Link zum Datensatz: https://d-nb.info/gnd/4039059-7

Der neue Name ist als abweichender Name mit einer Bemerkung eingetragen und steht so für die Recherche zur Verfügung. Die Vorzugsbenennung ändert sich nicht.

*Nachweis Beitragsbild auf der Startseite:Screenshot

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  • ISSN 2751-3238