50 Jahre Zeitschriftendatenbank

10. März 2022
von Hans-Jörg Lieder

Kontinuität und Wandel

Das Jubiläum

Der einrichtungsübergreifende Nachweis von Zeitschriften und Serien hat im deutschen Bibliothekswesen eine lange Tradition und reicht bis an den Anfang des 20. Jahrhunderts zurück. Das Auskunftsbüro der Deutschen Bibliotheken veröffentlichte bereits 1914 ein erstes „Gesamt-Zeitschriften-Verzeichnis“ im Umfang von rund 17.000 Titelnachweisen, dem mehrere ähnlich ambitionierte Vorhaben im Deutschen Reich und später in den beiden Teilen Deutschlands folgten. Die Zeitschriftendatenbank (ZDB) könnte deshalb auf der Suche nach dem eigenen Geburtstag an mancherlei Aktivitäten anknüpfen, doch wurde die Frage der Genese bereits vor gut 25 Jahren beantwortet. Zum damaligen Jubiläum der ZDB erklärten Günter Franzmeier und Peter Gruber den 1. Februar 1971 zum Gründungsdatum, weil an dem Tag erstmals der „Entwurf eines Ablochschemas zur Datenerfassung für Gesamtzeitschriftenverzeichnisse“ erschien. Denn, so die Autoren, dieser Entwurf beschrieb „schon damals präzise das Datenmodell und das Format (…) von denen die ZDB bis heute bestimmt wird“, obwohl „es seinerzeit weder den Namen ,Zeitschriftendatenbank‘ noch ein Verbundsystem im heutigen Sinne gab“.1 Die ZDB konnte im Jahr 2021 folgerichtig ihren 50. Geburtstag feiern – leider unter pandemiebedingten Einschränkungen, die öffentliche Feierlichkeiten unmöglich machten. Der im kleinen Kreis (ehemalige und heutige Mitarbeiter*innen, ZDB-Teilnehmer*innen) mehrfach virtuell gewürdigte Jahrestag soll hier Anlass für einige Bemerkungen zum aktuellen Stand der ZDB sein.

Die ZDB

Die ZDB ist heute die weltweit größte redaktionell betreute bibliografische Datenbank für fortlaufende Ressourcen. Sie ist das Ergebnis der gemeinschaftlichen Anstrengungen zahlreicher Institutionen – bei weitem nicht nur Bibliotheken – und enthält Titel- und Bestandsdaten aus rund 3.700 Einrichtungen. Alle kooperativ erstellten Titeldaten und der größte Teil der Bestandsdaten der ZDB stehen kosten- und rechtefrei (CC0 1.0) zur Verfügung. Mit ihren Daten fungiert die ZDB als Datendrehscheibe und ermöglicht vielfältige datenbezogene Dienstleistungen. Die Expertise zahlreicher Kolleg*innen in den teilnehmenden Einrichtungen in Deutschland und Österreich sowie die unverzichtbare Arbeit einer Zentralredaktion bürgen für die hohe Qualität der Daten und geben der ZDB den Charakter einer Normdatei. Die Vorteile des kooperativen Vorgehens liegen heute wie bei der Gründung auf der Hand: Die Nachnutzung existierender bibliografischer Titeldaten durch Ergänzung lokaler Bestandsdaten unterstützt die ökonomische Arbeit der Katalogisierenden und der angestrebte möglichst umfassende Nachweis erlaubt vielfältige Nachnutzungen der Daten. Ein Vergleich heutiger Mengengerüste mit den Zahlen zum 25. Jahrestag und denen vor zehn Jahren zeigt das kontinuierliche und erhebliche Wachstum
der ZDB:

 199520112021
Titelnachweise820.0001,6 Mio2 Mio
Besitznachweise3,5 Mio11,5 Mio18,5 Mio
Stetes Wachstum: ZDB-Zahlen seit 1995

Die ZDB war und ist kontinuierlich bestrebt, Menge und Vielfalt ihres Datenangebots zu vergrößern:
Neben der wissenschaftlichen Fachzeitschrift hat auch das Underground-Magazin seinen Platz in der ZDB. Die ständige Erweiterung des Datenangebots wird durch die Einwerbung neuer Teilnehmender und/oder mittels Datenimporten realisiert. Die ZDB ist aber mehr als die bloßen Zahlen besagen. Als ein lebendiger Verbund hunderter aktiv teilnehmender Einrichtungen ist sie ein langjährig bewährtes Kooperationsmodell, ein Netzwerk von Kolleg*innen aus Bibliotheken, Archiven, Museen und anderen Einrichtungen, die ihre ganz unterschiedlichen Kompetenzen in die gemeinsame Sache einbringen.

Die Startseite der ZDB-Datenbank mit einer Suchmaske
Blick auf die Startseite des ZDB-Portals

Trägerschaft und Einbindung

Ein Verbund wie die ZDB ist nicht zuletzt auf eine stabile und verlässliche Trägerschaft angewiesen. Über Jahrzehnte hinweg erfüllt die Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz (SBB) diese Aufgabe mit zwei verschiedenen Partnern. Seit den 1970er-Jahren und bis zu dessen Abwicklung Ende 1999 war das Deutsche Bibliotheksinstitut – DBI für den Betrieb des Rechenzentrums sowie für Systementwicklung und -pflege zuständig, während die SBB sich vorrangig der Betreuung und Pflege der Daten und des Datenformats widmete. Als 1999 dringend eine neue technische Umgebung für die ZDB und die ihr angegliederte Gemeinsame Körperschaftsdatei (GKD) gefunden werden musste, stellte sich die Deutsche Nationalbibliothek (DNB) dieser Aufgabe. Die Bereitstellung einer neuen Informationsinfrastruktur gelang so gut, dass schon Anfang 2000 die Datenerfassung im ILTIS-System der DNB begonnen werden konnte und am Ende des Jahres ein OPAC zur Verfügung stand. Im Laufe der Jahre hat sich das Binnenverhältnis von SBB und DNB auch formal zu einer gleichberechtigten Partnerschaft entwickelt, innerhalb derer den einzelnen Einrichtungen zwar unterschiedliche Fachaufgaben zufallen, die Gesamtsteuerung der ZDB aber als gemeinschaftliche Aufgabe begriffen wird.

Die an der ZDB teilnehmenden Einrichtungen waren viele Jahre institutionell in der Arbeitsgemeinschaft der Datenbankteilnehmer (AGDBT) vertreten, seit 2012 übernahm diese Rolle die Arbeitsgemeinschaft Kooperative Verbundanwendungen (AGKVA), die gemeinschaftlich von ZDB und der Arbeitsgemeinschaft der Verbundsysteme (AGV) als Gremium für alle entscheidungsrelevanten Themen, die die ZDB betreffen, bestimmt wurde. Die Mitgliedschaft der ZDB in der AGV reflektiert die große Bedeutung, die die Arbeit der ZDB für deutsche und österreichische Bibliotheken hat, und stellt sicher, dass die Vorhaben der ZDB je nach Bedarf unmittelbar auf nationaler Ebene kommuniziert und verabredet werden können. Neben der AGKVA und der AGV ist die ZDB in vielfältiger Weise in weitere Gremien eingebunden. Als wichtiger Beiträger von Körperschaftsaufnahmen ist sie zum Beispiel Mitglied des GND-Ausschusses, sie engagiert sich im Standardisierungsausschuss in den Fachgruppen Datenformate und Erschließung und kooperiert regelmäßig mit weiteren überregionalen themenbezogenen Arbeitsgruppen. Beim erfolgten RDA-Umstieg hat die ZDB in den relevanten Gremien wesentlich an der praktischen Umsetzung von RDA im deutschsprachigen Raum für fortlaufende Ressourcen mitgearbeitet. Seit einigen Jahren beteiligt sich die ZDB zusätzlich an bedarfsorientierten Datenbezieherworkshops der DNB, die sich unter anderem an Einrichtungen wenden, die ZDB-Daten beziehen und in ihre eigenen Systeme integrieren.

Das Berliner ZDB-Team

Die SBB stellt dauerhaft eine stabile personelle Infrastruktur für die ZDB zur Verfügung, die die folgenden Aufgaben leistet. (Zu den Aufgaben des Frankfurter ZDB-Teams siehe Renate Polak-Bennemann.)

  • Redaktion der Titeldaten: Spezialist*innen für verschiedene Publikationsformen (gedruckte und elektronische Titel) und für besondere Materialien, wie zum Beispiel Zeitungen, stellen die Qualität der Daten sicher und betreuen datenbezogene Projekte. Wünsche nach Datenänderungen, -ergänzungen oder -aktualisierungen werden im Regelfall von Teilnehmerinnen mittels Mailbox-Verfahren an die Zentralredaktion herangetragen, die als letzte Entscheidungsinstanz gegebenenfalls entsprechende Festlegungen trifft.
  • Körperschaftsredaktion: Hier werden die in der ZDB genutzten GND-Daten gepflegt, Teilnehmer*innen werden bei ihrer Normdatenarbeit unterstützt und Festlegungen verbindlich getroffen.
  • Pflege und Weiterentwicklung des ZDB-Formats: Koordinierung und Umsetzung von bibliothekarischen oder technischen Anforderungen an das ZDB-Format
  • Pflege des Regelwerks: In den letzten Jahren betrafen Arbeiten in diesem Bereich vor allem den Regelwerksumstieg von RAK-WB zu RDA und den sich daraus ergebenden vielfältigen Nacharbeiten.
  • Fachliche Weiterentwicklung von ZDB-WebCat und ZDB-Katalog: Die Weiterentwicklung des ZDB-Katalogs wird als Daueraufgabe aufgefasst, um auch künftige Zwecke bedienen zu können. Der ZDB-WebCat wird in unregelmäßigen Zyklen ausgebaut und optimiert.
  • Systembetreuung und Datenmanagement: Fachkräfte für Informationstechnik und Datenmanagement starten, realisieren und/oder begleiten diverse Vorhaben mit Bezug zur ZDB und führen Datenimporte durch. ZDB-Teilnehmer*innen werden in technischen Fragen beraten.
  • Deutsche ISIL-Agentur und Sigelstelle: Betreuung von ZDB-Teilnehmer*innen bei Vergabe und Verwaltung eines für die Teilnahme notwendigen Einrichtungskennzeichens.
  • Nutzerkommunikation: Für Fragestellungen aller Art steht eine telefonische Hotline zur Verfügung, neuen ZDB-Teilnehmer*innen werden Schulungen angeboten, zentral verwaltete Mailinglisten dienen der regelmäßigen Kommunikation mit und unter den Teilnehmer*innen.
  • GOKb: In dem weiter unten noch zu beschreibenden Kooperationsprojekt Global Open Knowledgebase (GOKb) beteiligt sich die ZDB an der Optimierung des Systems, übernimmt die Rolle eines Datenmanagers und koordiniert die kooperativ zu leistenden Redaktionsaufwände.

Die redaktionellen Tätigkeitsbereiche stellen in der Summe sicher, dass der ZDB-Datenbestand auf hohem qualitativen Niveau einheitlich, eindeutig und dublettenfrei ist. Jedem Titel wird ein eindeutiger Identifikator, die ZDB-ID, zugewiesen und der Umstand, dass ZDB-IDs selbstverständlich in allen beteiligten Systemen und darüber hinaus mitgeführt und genutzt werden, belegt deren normativen Charakter.

Das ZDB-Format, die gültige Beschreibung des für die Erstellung von Titel- und Bestandsdaten verbindlichen Formats, ist umfänglich und komplex. Das kann nicht verwundern, wenn im Verbund zahlreicher Teilnehmer*innen nicht nur einrichtungsübergreifend, sondern auch spartenübergreifend gearbeitet wird. Zudem weist die ZDB trotz ihres Namens bei weitem nicht ausschließlich Zeitschriften nach. Neben den auf das Regelwerk bezogenen Aufgaben werden auch Formatänderungen umgesetzt, die von konkreten Wünschen der Teilnehmenden getrieben sind. Ein Beispiel hierfür ist die vom Speicherverbund Nord vor einigen Jahren gewünschte und längst realisierte Möglichkeit, einrichtungsübergreifend Absprachen und Maßnahmen in den Bereichen Bestandsschutz und Archivierung in der ZDB festzuhalten. Schließlich regen die Berliner Teams selbst Formatänderungen an, die in der Regel der Vereinfachung oder der verbesserten maschinellen Auswertbarkeit der Daten dienen. Formatanpassungen lösen immer eine ganze Kette von aufeinander aufbauenden Aktivitäten nicht nur in Berlin aus, die von der Information aller Betroffenen bis hin zur Umsetzung der Veränderung im Austauschformat reichen.

Die hohe Qualität der ZDB-Daten und die Flexibilität des ZDB-Formats sind die notwendigen Voraussetzungen für die Realisierung vielfacher und sich stetig verändernder Nachnutzungsszenarien. Die Kompetenzen sowohl des Berliner ZDB-Teams als auch der beteiligten Spezialist*innen vor Ort in den teilnehmenden Einrichtungen sichern so die Zukunftsfähigkeit der ZDB.

Kooperationen

Kooperation im Verbund ist das Kerngeschäft der ZDB. Die in diesem Zusammenhang angebotenen Services sind dokumentiert und dürfen als bekannt vorausgesetzt werden. Gesondert hervorgehoben sei hier nur die langjährige gute Kooperation mit der Elektronischen Zeitschriftenbibliothek (EZB), mit der einige stark genutzte Dienstangebote realisiert wurden.2 Im Folgenden sollen in Auswahl einige aktuelle nationale und internationale Vorhaben skizziert werden, die in den Gesamtplanungen der ZDB von erheblichem Stellenwert sind.

Nationale Kooperationen: Zeitungsdigitalisierung

Die Beschäftigung mit historischen Zeitungen ist in den vergangenen Jahren im deutschen Bibliothekswesen zunehmend in den Fokus gerückt. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) förderte eine groß angelegte Pilotphase zur Zeitungsdigitalisierung (2013–2015), an der neben der SBB fünf weitere Bibliotheken – Staats- und Universitätsbibliothek Bremen; Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden; Deutsche Nationalbibliothek; Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt (Halle/S.); Bayerische Staatsbibliothek München – beteiligt waren. In verschiedenen Digitalisierungsprojekten wurden diverse Aspekte des Umgangs mit historischen Zeitungen untersucht3, und die gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen wurden in einem „Masterplan Zeitungsdigitalisierung“ und diversen Handreichungen dokumentiert. Für die ZDB war diese Pilotphase in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Die während der Pilotphase befragten Fachwissenschaftler*innen trugen neben zahlreichen fachlichen Anforderungen an die Zeitungsdigitalisierung auch eine fundamentale Kritik an der ZDB vor: Der seit dem Jahr 2000 angebotene OPAC der ZDB, das zentrale übergreifende Recherche-Instrument für Zeitungen in Deutschland, sei nur mit Schwierigkeiten nutzbar, in seiner Benutzerführung kompliziert und nicht ohne Weiteres verstehbar, so wurde geklagt. Diese Kritik wurde ernst genommen und resultierte letztlich in der DFG-geförderten Bereitstellung des grundlegend überarbeiteten ZDB-Katalogs in einer ersten Version im September 2017. Diese Überarbeitung war die Voraussetzung dafür, dass die DFG die ZDB zum verbindlichen Steuerungsinstrument erklärte, in das förderfähige Projekte ihre jeweiligen Digitalisierungsvorhaben noch vor einer Antragstellung bei der DFG einzutragen haben. So werden beabsichtigte Digitalisierungsvorhaben allseits bekannt gemacht und mögliche Doppeldigitalisierungen verlässlich vermieden. Gleichzeitig bietet der ZDB-Katalog erstmals Funktionalitäten, die seit vielen Jahren von Nutzer*innen eingefordert wurden, beispielweise die grafische Darstellung komplexer Zeitungsunternehmungen.

Ebenfalls von der Wissenschaft gefordert wurde ein zentraler Zugang zu den in Deutschland digitalisierten Zeitungen, und es entstand die Idee eines nationalen Zeitungsportals, das an die Infrastruktur der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) anzudocken sei. Die unmittelbare Nähe eines solchen übergreifenden Zeitungsportals und der ZDB liegen auf der Hand: Neben den maßgeblichen Metadaten und den verbindlichen IDs zu Zeitungstiteln bietet der ZDB-Katalog manche Zusatzinformationen (zum Beispiel Visualisierungen, Standortangaben gedruckter Ausgaben), die für Nutzer*innen eines Zeitungsportals relevant sind. Mit Unterstützung der DFG wurde seit 2019 von einem kleinen Konsortium an der Realisierung des DDB-Zeitungsportals gearbeitet, das in einer ersten Version seit Oktober 2021 zur Verfügung steht. Gegenwärtig befindet sich das Projekt, erneut mit Beteiligung der ZDB, in seiner zweiten Phase, die 2023 abgeschlossen sein wird.

Nationale Kooperationen: Datenmigration Mikrofilmarchiv

Das Mikrofilmarchiv der deutschen Presse e. V. (MFA) hat es sich zur Aufgabe gemacht, die langfristige Überlieferung deutscher Zeitungen und Zeitschriften durch Verfilmungen zu unterstützen. Es hält selber Masterfilme vor und befördert die Erstellung und den Kauf von Arbeitskopien. Im Rahmen dieses Aufgabengebiets hat das MFA eine Datenbank aufgebaut, die titelspezifische Verfilmungen mit den jeweiligen Standortangaben recherchierbar macht. In einem gemeinsam geplanten Projekt soll der gesamte MFA-Datenbestand in die ZDB integriert werden (ein großer Teil der dem MFA vorliegenden Daten sind bereits in der ZDB erhalten), und das MFA künftig seine Services ohne eigene Datenvorhaltung realisieren.

Was zunächst wie ein reines Migrationsprojekt anmutet, hat tatsächlich eher die Natur einer Infrastrukturmaßnahme. In diesem Fall fällt mit der bisherigen MFA-Datenbank eine bestehende Infrastrukturkomponente weg. In praktischer Hinsicht bedeutet dies, dass in Frage kommende Einrichtungen ihre Mikrofilmbestände nicht länger doppelt, nämlich an MFA und ZDB, melden müssen, sondern die Verzeichnung in der ZDB völlig ausreicht. Für Einrichtungen, die bislang nicht an der ZDB teilnehmen, erhöhen sich zudem Sichtbarkeit und damit auch Nutzungspotentiale der eigenen Daten erheblich. Die technischen Aufwände der eigenen Datenvorhaltung beim MFA entfallen vollständig. Der wohl größte Nutzen betrifft aber die Recherche in den MFA-Daten: In seiner Katalogisierungspraxis folgt das MFA bislang nicht immer den von der ZDB definierten Titelzuschnitten und führt auch nicht regelmäßig ZDB-IDs mit. Häufig werden Vorgänger und Nachfolger eines Zeitungstitels, die in der ZDB als separate Titelentitäten geführt werden, im MFA zusammengefasst. Im Verbund mit häufig nur summarisch mitgeteilten Standortangaben macht dies die Recherche im MFA-Datenbestand bislang eher mühselig. Nach erfolgter Migration der Daten wird der künftige Umgang mit den Daten für alle Beteiligten also signifikant vereinfacht.

Nationale Kooperationen: ZDB-WebCat

Traditionell ist das für die Datenerfassung in der ZDB zwingend benötigte Software-Werkzeug der WinIBW-Client. Mit Recht kann diese Software als Expert*innensystem bezeichnet werden, dessen Bedienung gründliche Kenntnisse voraussetzt, die nicht allseits gegeben sind. Die ZDB initiierte deshalb bereits vor Jahren die Entwicklung des ZDB-WebCat als ein leicht handhabbares Werkzeug für die vereinfachte Datenerfassung, das insbesondere für nicht bibliothekarisch geschulte Mitarbeiter*innen nützlich sein sollte.

Ende 2011 wurde eine erste WebCat-Version für die Erfassung von Bestandsdaten bereitgestellt, seit Anfang 2012 ist auch die Erfassung von Titeldaten möglich, in der aktuellen Version von 2021 wird zusätzlich die Anbindung und Erfassung von Körperschaftsdaten aus der GND unterstützt. Mit dem WebCat wurde die ZDB für die Erfassung auch durch Nicht-Spezialist*innen geöffnet – ein wesentlicher Schritt für die spartenübergreifende ZDB. Realisiert wurde das Projekt in Kooperation von ZDB und OCLC.

Im alltäglichen Nutzungsbetrieb stellte sich schließlich heraus, dass die Annahme, dass eher ungeschulte Mitarbeiter*innen den WebCat nutzen werden, nicht die vollständige Wirklichkeit beschreibt: Auch größere Bibliotheken mit ausreichend geschultem Personal gehören inzwischen zu den regelmäßigen Nutzern des WebCat, und verwenden diesen unter anderem für die Bestandserfassung und -ergänzung – eine für das Berliner ZDB-Team durchaus willkommene Erkenntnis.

Internationale Kooperationen: GOKb

In den letzten Jahrzehnten wuchs insbesondere der Anteil der elektronisch verfügbaren Titel in Bibliotheken überdurchschnittlich. Um sicherzustellen, dass die in Deutschland gewohnte Präzision der Daten zu fortlaufenden Ressourcen erhalten bleibt, organisiert die SBB als einer der Trägereinrichtungen der ZDB im Schulterschluss mit der Verbundzentrale des GBV (VZG) und dem Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen (hbz) den gemeinsamen Service Global Open Knowledgebase (GOKb). Diese unter dem Dach der Open Library Foundation (OLF) organisierte Unternehmung zielt darauf ab, dass alle Beteiligten verlässliche und rechtefreie Metadaten zu Anbietern, Kollektionen und Titeln erzeugen und teilen können, die zum bibliothekarischen Umgang mit elektronischen Ressourcen benötigt werden und in lokalen ERM-Umgebungen weiter bearbeitet werden können. Zeitschriftenpakete deutscher Teilnehmer*innen werden möglichst vollständig mit ZDB-IDs angereichert, damit alle Anwender*innen einheitliche Titeldefinitionen nutzen können. Sollten Titel nicht in der ZDB enthalten sein, so können künftig sogenannte Rumpfkatalogisate automatisiert in der ZDB angelegt werden, um dann neu generierte ZDB-IDs in den GOKb-Daten zu ergänzen. Ein typisches Anwendungsszenario ist die Nutzung von GOKb-Daten für ERM-Systeme, aber auch weitere Verwendungszwecke, wie zum Beispiel Linkresolver, sind denkbar. Die SBB engagiert sich als Datenmanager und koordiniert die einrichtungsübergreifenden Redaktionsarbeiten. Die Nutzung der GOKb-Software und -Daten ist kostenfrei weltweit möglich.

Die von internationalen Partnern in die GOKb eingebrachten Titel, die zumindest teilweise auch in die ZDB integriert werden, werden den Datenbestand der ZDB zunehmend internationalisieren.

Internationale Kooperationen: WorldCat

Im Schulterschluss mit OCLC und den deutschen Bibliotheksverbünden arbeitet die ZDB seit 2021 daran, alle Titel- und Bestandsdaten in den WorldCat zu überführen. Dies beinhaltet den einmaligen Import der Daten und die Bereitstellung von Routinen für spätere Aktualisierungen. Im WorldCat wird die ZDB als Normdatei für fortlaufende Ressourcen mit der Katalogisierungssprache Deutsch geführt. Die ZDB erhält deshalb im WorldCat den Status eines „trusted partner“, als hauptsächliches Matching-Kriterium und dauerhafter Identifikator der ZDB-Daten im WorldCat wird die ZDB-ID dienen. Die entsprechenden Nachweise deutscher Bibliotheken sollen über OCLC-Symbols erfolgen. Die vollständige Lieferung aller ZDB-Daten an den WorldCat durch die ZDB wird Auswirkungen auf die bisherigen WorldCat-Lieferungen einzelner Verbünde und Bibliotheken haben, die künftig ohne ZDB-Daten erfolgen sollen. Wegen der zahlreichen Auswirkungen des Vorhabens werden alle themenbezogenen Aspekte mit AGKVA und AGV fachlich erörtert. Mit der Realisierung werden zum einen die ZDB-Daten im WorldCat besser sichtbar und nachnutzbar sein. Zum anderen können die Arbeiten durchaus auch als erste Schritte auf dem Weg zur Bereitstellung der ZDB als Katalogisierungsressource für WMS, dem cloudbasierten Bibliotheksmanagementsystem von OCLC, gesehen werden.

Ausblick

Über die Jahrzehnte hinweg stand die ZDB immer wieder vor Herausforderungen, die sich aus veränderten Umgebungsbedingungen ergaben. Veränderung ist auch heute das passende Stichwort: Große Bibliotheken und Verbünde haben sich befasst oder befassen sich immer noch mit der Neueinführung von Bibliotheksmanagementsystemen. Den kommerziellen Produkten der großen Anbieter (beispielhaft seien nur OCLC und ExLibris genannt) steht mit FOLIO eine von den Fachcommunitys angetriebene Open-Source-Lösung gegenüber. Hier gilt es durch einfache Verfahren sicherzustellen, dass alle Daten, die zum Beispiel in Alma für fortlaufende Ressourcen erzeugt werden, verlustfrei in die ZDB gelangen. Daneben entstehen weitere Datenbanken und Software-Lösungen für spezifische Aufgaben, die beispielsweise ERM-Prozesse unter anderem auch für fortlaufende Ressourcen unterstützen. In jüngerer Zeit entstanden in diesem Bereich neben der GOKb auch LAS:eR und zuletzt die we:kb. Wie hängt die Vielfalt der Systeme in praktischer Hinsicht zusammen, das heißt konkret: Wie sind die anstehenden Datenflüsse zwischen den Systemen zu organisieren und welche Anforderungen sind zu beachten? Hier gilt es noch wichtige Fragen zu klären, und der 2021 vom EZB-Beirat veranstaltete Workshop4 zu genau diesen Themen kann nur der Auftakt einer Reihe von weiteren Gesprächen sein, an deren Organisation sich auch die ZDB gerne beteiligt.

Die Beispiele der ausgewählten aktuellen Projekte zeigen, wie sich die ZDB immer wieder auf ganz unterschiedliche Weisen Veränderungen stellt oder diese initiiert. Es mag sein, dass in der Zukunft manch alter Zopf abgeschnitten werden muss, doch sollten wir uns bei allem Mut zur Veränderung auch an dem bisher Erreichten orientieren, hinter das wir nicht zurückfallen dürfen. Für die ZDB bedeutet dies in Kurzfassung: ökonomische Arbeit im Verbund, möglichst vollständiger Nachweis, hohe Datenqualität, freie Nachnutzbarkeit. Wenn wir gemeinsam an diesen Qualitäten auch in einer veränderten, heterogenen Systemlandschaft festhalten, wenn es uns gelingt, Kontinuität im Wandel zu sichern, muss einem um die Zukunft der ZDB nicht bange sein.

Anmerkungen

  1. Franzmeier, Günter und Peter Gruber: 25 Jahre Zeitschriftendatenbank (ZDB). Erreichtes und Bewährtes; Ausblick. – In: Bibliotheksdienst Jg. (1996), Heft 2, S. 236–242. Zitate S. 236.
  2. Zum Beispiel der gemeinsame EZB-ZDB-Datendienst https://zeitschriftendatenbank.de/services/datendienste und die Journals
    Online & Print-Schnittstelle https://zeitschriftendatenbank.de/services/journals-online-print, die unter anderem maßgeblich für den Aufwuchs der ZDB-Bestandsdaten verantwortlich sind.
  3. Das von der SBB durchgeführte Projekt stellt einen Sonderfall dar: Mit Mitteln der EU wurde ein Massendigitalisierungsprojekt (circa 1,5 Millionen Seiten) vom Mikrorollfilm realisiert und die Ergebnisse dann im Rahmen des Europeana Newspapers-Projekts OCR-erfasst. Die gemachten Erfahrungen wurden in den Masterplan Zeitungsdigitalisierung eingebracht.
  4. Kollaborativ und vernetzt: Die Zukunft der Verwaltung von elektronischen Ressourcen in Bibliotheken. Bericht zum Online-Workshop des EZB-Beirates am 10. und 11. Mai 2021. – In: ZfBB, Jg. 68 (2021), Heft 5, S. 290–294.
*Nachweis Beitragsbild auf der Startseite:DNB

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  • ISSN 2751-3238