Das RDA-Erschließungshandbuch für DACH-Bibliotheken

27. Oktober 2022
von Barbara Pfeifer

Der Standard Resource Description and Access (RDA) hat sich weiterentwickelt und das RDA Toolkit wurde im Rahmen des RDA Toolkit Restructure and Redesign Project (3R Project) überarbeitet. Seit Ende 2020 erfolgt der Zugang zum Regelwerk RDA über eine neue Plattform. Dabei wurden neue Erschließungskonzepte eingeführt und die Struktur des Regelwerks stark verändert. Der Standardisierungsausschuss hat die Entscheidung getroffen, dass für die Anwender*innen im DACH-Raum der Standard über ein gemeinsames Erschließungshandbuch zugänglich gemacht werden soll. Daraufhin wurde die Fachgruppe Erschließung mit der Erstellung des Handbuchs beauftragt. Der Auftrag wird kooperativ von den Mitgliedsorganisationen des Standardisierungsausschusses unter der Leitung der Deutschen Nationalbibliothek durchgeführt.

Projekt 3R für DACH-Bibliotheken

Die Erstellung der Texte für das gemeinsame Erschließungshandbuch erfolgt im Rahmen des Projektes „3R für DACH Bibliotheken“ im Projektzeitraum vom 1. März 2020 bis zum 31. Dezember 2022. Ziel ist es, eine Dokumentation für die wichtigsten Anwendungsfälle der Erschließungspraxis in Bibliotheken anzufertigen. Die zukünftige Dokumentation enthält RDA-Regelwerkstexte sowie Anwendungsregeln und Erläuterungen für den DACH-Raum. Dabei werden die bisherigen RDA-Regeln, die DACH-Anwendungsregeln und DACH-Erläuterungen zusammengeführt und die Formulierungen werden so überarbeitet, dass sie für die Erschließenden besser verständlich sind. Außerdem sollen die Regeln übersichtlicher gestaltet und weiterhin formatneutral formuliert werden. Regelungen, die sich nicht bewährt haben, werden auf den Prüfstand gestellt, gestrichen oder verändert. Beispiele aus dem RDA Toolkit werden nachgenutzt oder auch durch Beispiele aus dem DACH-Raum ersetzt. Die Beschäftigung mit den neuen RDA-Konzepten und deren Auswirkungen auf die Katalogisierungspraxis kann später erfolgen. Damit schaffen wir für die Formalerschließung in Bibliotheken einen komfortablen und praxisbezogenen Zugang zu den Regelungen. Am Projekt beteiligt sind Mitglieder der Fachgruppe Erschließung und RDA-Anwender*innen in Bibliotheken und Institutionen des DACH-Raumes.

Das Projekt setzt sich aus fünf Arbeitspaketen zusammen und die Bearbeitung der Themen erfolgt in zweimonatigen Umsetzungsphasen, in unterschiedlicher personeller Zusammensetzung. Das Projekt erfährt fachliche Unterstützung von einer Projekt-Begleitgruppe, bestehend aus einem Teil der Mitglieder der Fachgruppe Erschließung. In einem ersten Arbeitspaket wurde bis September 2020 ein Konzept für das Erschließungshandbuch erarbeitet, welches vom Standardisierungsausschuss bestätigt wurde. Es sieht eine dreiteilige Gliederung der Texte vor.

Was enthält das Erschließungshandbuch?

Das Erschließungshandbuch enthält folgende Teile:

  • Allgemeines
  • Elementbeschreibungen
  • Ressourcentypbeschreibungen

Diese Gliederung ist angelehnt an die des neuen RDA-Toolkits mit den Zugriffspunkten „Guidance“, „Entities“ und „Resources“.

Screen image from the RDA Toolkit used by permission of the Copyright Holders for RDA (American Library Association, Canadian Federation of Library Associations, and CILIP: Chartered Institute of Library and Information Professionals)

Grundprinzip für die Beschreibungen der einzelnen Handbuchteile ist, dass vorhandene Texte nachgenutzt werden und gleiche Inhalte nicht mehrfach an verschiedenen Stellen formuliert werden. Nur so können die Regelungen eindeutig interpretiert und zukünftig Korrekturen und Veränderungen leicht eingebracht werden.

Der Teil Allgemeines enthält Anleitungen wie die „Einführung in RDA“, die „Arten der Beschreibung“ und den „Umgang mit Informationsquellen für die Beschreibung von Ressourcen“.

In den Elementbeschreibungen werden die RDA-Regelungen sowie Anwendungsregeln und Erläuterungen (wie z. B. zur „Verantwortlichkeitsangabe“, zum „Verlagsort“ oder zum „Haupttitel“) für die Erschließungspraxis im DACH-Raum zusammengefasst. Dieser Teil des Handbuchs orientiert sich für die ca. 230 Elemente hinsichtlich des Umfangs und der Benennung am aktuellen RDA Toolkit. In wenigen Fällen werden Elemente des ursprünglichen Toolkits, die nicht mehr im neuen Toolkit enthalten sind, dennoch in das Erschließungshandbuch mit aufgenommen bzw. Elemente des neuen Toolkits weggelassen. Dies ist notwendig, da durch die Einführung der neuen RDA-Erschließungskonzepte, wie zum Beispiel zur Behandlung von „Diachronic Works“ oder die Einführung der „Representative Expression“ auf einige Elemente im neuen Toolkit verzichtet wird bzw. neue Elemente hinzugekommen sind.

Die Ressourcentypbeschreibungen kumulieren alle Regelungen im Kontext für die Katalogisierung eines bestimmten Ressourcentyps – wie beispielsweise mehrteilige Monografien oder Hochschulschriften. Weitere Beispiele dienen der Erläuterung.

Für die beschriebenen Ressourcentypen werden jeweils Application Profiles erstellt. Sie enthalten eine Übersicht der Standardelemente und optionalen Elemente. Grundlage dafür ist der Entwurf der Basisfassung eines Application Profiles, das von der Arbeitsgruppe der Nationalbibliotheken (Deutsche, Österreichische und Schweizerische Nationalbibliothek) ausgearbeitet wurde und welches sich am bisherigen im DACH-Raum abgestimmten Standardelementeset orientiert.

Welchen Zugang gibt es?

Im Erschließungshandbuch werden alle für die Erschließung notwendigen Regelungen an einer zentralen Stelle zusammengefasst. Der modulare Aufbau ermöglicht den Nutzer*innen den Zugang über verschiedene Einstiege. Die Texte werden in einer Wikibase-Instanz als Datenbank gespeichert. Darüber wird eine benutzerfreundliche Oberfläche gelegt. Das Erschließungshandbuch ist als Online-Angebot frei zugänglich. Der Zugriff auf das englischsprachige RDA-Toolkit wird durch Links aus dem Erschließungshandbuch gewährleistet. In einem weiteren Schritt ist ein Angebot der Texte als DACH Policy Statements im neuen RDA-Toolkit geplant, um die Anwendung des Regelwerks international sichtbar zu machen. Auf eine deutsche Gesamtübersetzung des RDA-Toolkits wird verzichtet; für die RDA-Registry werden die Elemente und deren Definitionen für den DACH-Raum übersetzt.

Welche Auswirkungen gibt es auf die Bibliothekssysteme?

Mit Veröffentlichung des Erschließungshandbuchs wird es für die Anwendung der RDA-Regelungen keine Veränderungen im Datenformat geben. In der Diskussion ist die Anwendung einer gendersensiblen Sprache im Regelwerkstext und bei den Beziehungskennzeichnungen. Im bisherigen RDA-Toolkit waren Beziehungskennzeichnungen im generischen Maskulinum, wie z. B. „Verfasser“, „Herausgeber“, „Illustrator“, angegeben. Die Arbeitsgruppe „Geschlechtsangaben in der GND/Gendering“ des GND-Ausschusses erarbeitet aktuell eine Vorgehensweise. Deren abgestimmtes Ergebnis wird in das Erschließungshandbuch einfließen.

Der Umgang mit den geänderten Beziehungskennzeichnungen kann für die jeweiligen Erschließungssysteme gesondert bestimmt werden. Sollen hier Anpassungen erfolgen, entstehen in einem weiteren Schritt Implementierungsaufwände sowie ggf. auch die Notwendigkeit einer Korrektur in den bis dahin erstellten RDA-Katalogisaten.

Änderungen, die sich aus der Einführung neuer RDA-Konzepte im neuen RDA-Toolkit für das Austauschformat MARC 21 ergeben, werden zurzeit von der MARC/RDA Working Group bearbeitet. In der Diskussion sind die Formatabbildung der neuen Konzepte „Representative expression“ und „Data provenance“. Da sich die deutschsprachigen Anwendergruppe erst in den kommenden Jahren mit diesen Konzepten beschäftigt, gibt es momentan noch keinen Handlungsbedarf für die Einführung neuer Datenfelder.

Wie werden Änderungen kommuniziert?

Projektinhalt ist auch die Entwicklung eines Informationskonzepts sowie die Erstellung von Unterlagen für die Vermittlung der Inhalte. Da es sich bei der Einführung des Erschließungshandbuchs um ein neues Werkzeug und nicht um ein neues Regelwerk handelt, haben Erschließende nur mit überschaubarem Aufwand zu rechnen. Hinzu kommt, dass sich in den letzten zwei Jahren durch die Corona-Pandemie Online-Kommunikationsformate im Bibliotheksbereich durchgesetzt haben und damit die entsprechende Ausstattung der Mitarbeitenden vorhanden ist.

Vorgesehen sind ausschließlich Online-Informationsveranstaltungen – Arbeitstitel „Praxis-Update RDA“ – für RDA-Anwender*innen mit Erfahrung in der Regelwerksanwendung.

Der zeitliche Umfang für die Vermittlung der Inhalte wird in den live stattfindenden Online-Veranstaltungen voraussichtlich ca. drei Stunden betragen. Inhalte des Online-Angebots sind die Benutzung und der Aufbau des Erschließungshandbuchs, ein Überblick über einige Detailanpassungen im Regelwerk und veränderte Terminologie, die sich im Laufe des Projekts in Abstimmung mit der Fachgruppe Erschließung ergeben haben.

Dazu werden PowerPoint-Folien erstellt und vertont. Vorteil der Vertonung ist die Möglichkeit die frei verfügbaren Unterlagen auch außerhalb fester Trainingstermine individuell zu nutzen. Darüber hinaus können Feedback- und Erläuterungsrunden als Kommunikationsformat in den Institutionen und Verbünden online angeboten werden.

Virtuelle Multiplikator*innenveranstaltungen dienen als Vorab-Angebot für all jene, die die Information in den Institutionen und Verbünden weiterkommunizieren. Die Durchführung der Informationsveranstaltungen wird voraussichtlich ab Februar 2023 beginnen. Noch in Abstimmung sind die benötigten zeitlichen Aufwände für Anpassungsarbeiten der Dokumentationen in den Bibliotheksverbünden und Institutionen.

Eine RDA-Schulung für Neueinsteiger*innen wird in Arbeitspaket 5 „Nacharbeiten, Formulierung weiterer Aufgaben“ vorgemerkt. Ziel ist es auch hier, ein gut nutzbares Online-Angebot zu erarbeiten und dabei von den Erfahrungen bei der Durchführung des „Praxis-Updates RDA“ zu profitieren.

Wie geht es danach weiter?

Die Arbeiten am RDA-Erschließungshandbuch sind in das Projekt DACH-Dokumentation eingebettet. Ziel des Projektes ist eine Zusammenfassung aller notwendigen Erschließungsregeln, Anleitungen und Formatdokumentationen für die Erschließung in unterschiedlichen Bereichen sowie für die Normdatenarbeit in der Gemeinsamen Normdatei (GND). Gerade im Hinblick auf die Öffnung der GND für andere Nutzergruppen ist eine gute und frei zugängliche Dokumentation von sehr großem Nutzen. Neben der GND-Formatdokumentation wird mit dem RDA-Erschließungshandbuch ein weiterer Baustein in die Plattform eingepflegt und gemeinsam veröffentlicht. Die GND-Erfassungshilfen, in denen die konkrete Anwendung der RDA-Regeln in der GND beschrieben ist, werden im ersten Release des Erschließungshandbuchs teilweise bereits in die Regeltexte übernommen sein, teilweise noch als PDF-Dokumente zur Verfügung stehen.

Ein gemeinsames Redaktionsverfahren und Release-Management für Aktualisierungen in der DACH-Dokumentationsplattform bilden die Grundlage für die Ergänzungen und Korrekturen der Regelwerkstexte und der illustrierenden Beispiele.

Parallel zu den Arbeiten an den Basisregeln, den Spezialregeln und den spezifischen Regelungen für die Standardanwendungsfälle in Bibliotheken haben die Sonderarbeitsgruppen des Standardisierungsausschusses die Arbeit am Erschließungshandbuch im Jahr 2022 begonnen. Damit finden Regelungen für Musikressourcen, Alte Drucke, Audiovisuelle Ressourcen, Bildressourcen, Handschriften, Provenienzerschließung und Künstlerbücher ebenso Eingang in die Dokumentation wie Ressourcentypbeschreibungen für die genannten Materialien. Die Erschließenden der Spezialmaterialien können voraussichtlich ab Mitte 2023 die entsprechenden Texte auf der DACH-Dokumentationsplattform im Erschließungshandbuch finden und profitieren damit auch von den Grundlagentexten und Basisregeln. Das Ziel ist der direkte Zugang zu allen Regelungen.

Des Weiteren werden alle im Projektzeitraum nicht abgeschlossenen Arbeiten aufgelistet und priorisiert. Die weitere Bearbeitung der offenen Punkte sowie die Beschäftigung mit den neuen Erschließungskonzepten wie die Behandlung von „Aggregates“, den Konzepten „Representative Expression“ und „Diachronic Works“ werden als Nacharbeiten in die Arbeitsplanung der Fachgruppe Erschließung einfließen.

Fazit

Die Arbeiten am Erschließungshandbuch erfolgen kooperativ mit Vertreter*innen aus der Fachgruppe Erschließung und Erschließungsexpert*innen aus Bibliotheken.

Treffen finden ausschließlich virtuell statt und die gemeinsame Arbeit im Confluence-Wiki als vorläufige Arbeitsumgebung stellt gerade für neu Beteiligte eine Herausforderung dar. Gleichzeitig macht die Umstellung auf virtuelle Begegnungen die Mitarbeit einfacher und ressourcenschonender. Das Zusammentreffen für ein bis zwei Arbeitsstunden kann gut in den Arbeitsalltag eingebettet werden, die Aufgabenerledigung in kleinen Arbeitsgruppen fördert intensiv die Zusammenarbeit und der zeitliche Aufwand für Einzelne in den zweimonatigen Umsetzungsphasen ist überschaubar.

Besonders hervorzuheben sind das große Engagement und die Begeisterung der Beteiligten. Das Erschließungshandbuch wird so zu einem gemeinsamen, von allen getragenen Arbeitsergebnis, das sicher auch gerne in der eigenen Institution vorgestellt wird.

*Nachweis Beitragsbild auf der Startseite:American Library Association, Canadian Federation of Library Associations, and CILIP: Chartered Institute of Library and Information Professionals

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  • ISSN 2751-3238