Das Ü-Ei

24. Juli 2025
von Mark Saletzki

In jedem siebten Ei… Mit diesem Slogan bewirbt ein bekannter italienischer Süßigkeitenproduzent seine beliebte „Kinder Überraschung“, ein in Alufolie gehülltes Schokoladen-Ei, das in seinem Innersten ein kleines Spielzeug birgt. In jedem siebten Ei, so das vollmundige Versprechen, soll sich eine besonders begehrte Sammelfigur befinden.

Dass schon ein einziges Ei ausreicht, um für eine große Überraschung zu sorgen, zeigt der Fall eines Medienwerkes, der sich um das Jahr 2007 in den Magazinräumen der Deutschen Nationalbibliothek Frankfurt ereignet hat. Damals war ein Kollege mit dem Verziehen von Beständen im Magazin 2.6 betraut worden, um weiteren Platz für Neuzugänge zu schaffen. Im Zuge dieser Arbeiten glitt ihm ein Medienwerk aus den Händen, dass sich schon optisch von den übrigen Monographien, die sich in dem genannten Magazin befinden, deutlich abhob. Es handelte sich um einen schwarz bemalten Eierkarton, auf den man ein kleines Büchlein mit dem verheißungsvollen Titel Komm, wir gehen Eier jagen! geklebt hatte. 1994 bereits in zweiter Auflage in dem in Karlsruhe ansässigen Kohler Verlag (Fachverlag für Philosophie) erschienen, bildete es den 13. Teil der Reihe Kopfcreme-Philosophie.

Auf geklapptes Buch auf dem Eierkarton mit sich wiederholender Textzeile Komm, wir gehen Eier jagen
Komm, lass uns Eier jagen – mit Risikofaktor!
Foto: Valina Schauberger, DNB, CC-BY-SA 3.0 DE

Nach dem Fall äußerlich nahezu unversehrt, entwich dem Eierkarton alsbald ein schwefelartiger Geruch. Um der Ursache für derartige Ausdünstungen auf den Grund zu gehen, kam der auch in olfaktorischer Hinsicht betroffene Mitarbeiter nicht umhin, diesen zu öffnen und siehe da, in ihm befanden sich nicht nur 9 Eierbriketts, sondern auch ein weißes Ei, dessen Schale Schaden genommen hatte. Offenbar hatte man weder in der Erwerbung, noch an den folgenden Bearbeitungsstationen, durch die das Medienwerk gegangen war, bemerkt, dass es sich bei dem in dem Karton befindlichen Objekt keineswegs um ein Gips- oder Kunststoff-Ei handelte, sondern um ein veritables Hühnerei! Zwar ist die DNB als Archivbibliothek verpflichtet, die zu einem Medienwerk gehörenden Beilagen ebenfalls aufzuheben, doch gilt dies nicht für Lebensmittel und andere verderbliche Beigaben! Die Aufbewahrung der erwähnten Eierkohlen hingegen, stellt kein Problem dar. Sie wurden in dem Karton belassen. Die schon kurz nach dem Vorfall eingeleiteten Recherchearbeiten ergaben, dass noch zwei weitere Werke des Kohler-Verlages vorhanden waren, die Hühnereier enthielten.

Aufgeklappter Eierkarton mit 9 Eierbriketts und einem zerbrochenen Hühnerei
Zehn Eier – eins davon von einem echten Huhn!
Foto: Valina Schauberger, DNB, CC-BY-SA 3.0 DE

Um ähnliche Vorfälle zu vermeiden, wurden diese dann behutsam entnommen und anschließend entsorgt, da ein Verzehr der Eier zu diesem Zeitpunkt vermutlich keine gute Idee gewesen wäre. Noch heute künden die im Karton klebenden Reste der Eierschale des in Frankfurt unter der Signatur 1994 A 32 808 befindlichen Werkes von dem einstigen Missgeschick!

*Nachweis Beitragsbild auf der Startseite:Valina Schauberger, DNB, CC-BY-SA 3.0 DE

2 Kommentare zu „Das Ü-Ei“

  1. Anonym sagt:

    Eine sehr schöne Anekdote, die Ei-nblick in eine Problematik gestattet, mit der man nicht sofort rechnet. Danke dafür!

  2. Susanne Newquist sagt:

    Schön, dass diese Anekdote den Weg in unseren Blog gefunden hat! 🙂

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