Der DNB-Hackathon, oder: Einfach mal machen
Was passiert, wenn Beschäftigte zwei Tage Zeit haben, um sich Projekten zu widmen, die sie schon immer einmal umsetzen wollten, aber im Bibliotheksalltag nie dazu kamen? Mit einem großzügigen Zeitgeschenk hat die Generaldirektion der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) dieses Experiment im November 2022 ermöglicht: den ersten DNB-Hackathon.
Angelehnt an den Ablauf des Kultur-Hackathons Coding da Vinci erstreckte sich das Projekt über mehrere Wochen. Auf ein Ideenpitching am 7. November 2022 in Frankfurt am Main folgten eine Woche später die beiden Online-Sprinttage. Wiederum zehn Tage später, am 24. November 2022, wurden die Ergebnisse in Leipzig präsentiert.
Rund 50 Kolleg*innen aus allen Bereichen und von beiden Standorten der DNB haben sich auf das Abenteuer eingelassen und an insgesamt zehn selbst entwickelten Projekten gearbeitet. Die in nur zwei Tagen Arbeit erreichten Ergebnisse lassen sich sehen:
- Fehlersuche mit pica-rs
Sieben Kolleg*innen widmeten sich dem A und O der Bibliotheksarbeit: der Metadatenqualität. Mit dem „Pica-Linter“ entwickelten sie ein Tool für die Suche nach Metadaten-Fehlern und probierten auch gleich mehrere reale Anwendungsfälle an aktuellen Daten aus. Das Ergebnis: Die Metadaten sind in vielen Bereichen der DNB noch nicht perfekt (aber doch ziemlich gut). - Reise zum Jupyter
Zwei Kolleginnen gingen gemeinsam auf große Fahrt – zum Jupyter nämlich. In den beiden Sprinttagen hatten sie sich vorgenommen, die Anwendung „Jupyter Notebooks“ zu erkunden, die sich insbesondere bei Data Scientists großer Beliebtheit erfreut und zahlreiche Tools für die Analyse großer Datenmengen bietet. - Große Pläne für große Herausforderungen
Ein Team setzte sich mit dem anstehenden Generationenwechsel in der DNB auseinander – und mit den daraus resultierenden Konsequenzen für die Personalsituation. Denn in den nächsten Jahren gehen rund 200 Mitarbeitende der DNB in Rente. Das Team trug viele neue Ideen zur Personalentwicklung zusammen, um diesem Umbruch zu begegnen. - Benutzung 2.0, die Erste
Weitere Mitarbeiter*innen schlossen sich zusammen, um eine Social Media-Strategie für die Benutzungsbereiche in Frankfurt und Leipzig zu entwickeln. Mit Erklärvideos, Einblicken hinter die Kulissen und attraktivem Bildmaterial erstellte das Team beispielhaft einen (nichtöffentlichen) Instagram-Auftritt für die Benutzung, der auch virtuell die Bindung zu den Benutzer*innen stärken soll. - Viele Daten – aber schnell
Drei Kollegen fanden sich zu dem Experiment zusammen, um aufwendige Auswertungen großer Datenmengen auf neuen Wegen nutzbar zu machen. Im Vordergrund standen ein superschneller Zugriff im Sekundenbereich, die flexible Gestaltung von Datenabfragen, eine allgemein leichte Zugänglichkeit für die Nutzenden und die Verwendung modernster zur Verfügung stehender Technologien. - Twitter sammeln
Angenommen, Social Media wird Teil des Sammlungsauftrags der DNB: Wie geht man diese Aufgabe an? Was ist, zum Beispiel, das relevante „deutsche“ Twitter? Und wie kommt man technisch an die Datensätze ran? Diesen hypothetischen Fragen ging ein Team aus acht Kolleg*innen nach – und hatte nach den beiden Sprinttagen zwar mehr Fragen als Antworten angehäuft, aber bereits die eine oder andere Beispielanalyse des Mediums vorgenommen. - DEA kartographieren
Die Exilmonografien des Deutschen Exilarchivs sind ein gefragter Forschungsgegenstand. Um viele der häufigsten Fragestellungen an die Sammlung anschaulich beantworten zu können, hat ein Hackathon-Team die Metadaten der Monografien ausgewertet und in einer interaktiven Website auf einer Landkarte dargestellt. Der Link wird ergänzt, wenn die Applikation fertiggestellt ist. - Digitale Objekte anders präsentieren
Eine typische Hackathon-Geschichte: Die gepitchte Idee, eine Anzeige zufällig ausgewählter digitaler Objekte (wie bei Netflix) zu entwickeln, nahm noch am Pitchingtag im Gespräch mit anderen Teilnehmenden eine ganz andere Richtung an und mündete im DNB-Adventskalender, der alle Mitarbeitenden und Blog-Leser*innen im Dezember 2022 erfreut. - Benutzung 2.0, die Zweite
Das Smartphone ersetzt zusehends die vielen Plastikkarten im Geldbeutel – bis hin zur EC-Karte. Vier Kolleg*innen haben nun auch den DNB-Benutzungsausweis in die Wallets auf iOS und Android Smartphones gebracht. In nur zwei Tagen haben sie ein Design für den Ausweis erstellt, fix und fertig einsatzbereit. Voraussetzung ist „nur“ noch, dass die Einlasskontrollen mit Scannern ausgestattet werden, die Smart Screens lesen können. - Der neue Katalog im Blog
Dieses Team, das seine Ergebnisse leider nicht in Leipzig präsentieren konnte, arbeitete an einer Serie von Blogbeiträgen zum neuen Katalog. Ein weiteres Beispiel dafür, wozu ein Hackathon-Sprint – zwei intensive, konzentrierte, ungestörte Arbeitstage – erfolgreich genutzt werden kann.
Lessons learned
Aus den zahlreichen Rückmeldungen der Teilnehmenden und weiterer Gäste der Ergebnispräsentation lassen sich drei zentrale Erkenntnisse destillieren. Das erste freut die Organisator*innen ganz besonders, denn die größten Zweifel potenzieller Teilnehmender im Vorfeld des Hackathons waren, dass zwei Tage zu kurz seien, um ein Projekt umzusetzen. Am Ende des Hackathons waren alle Teilnehmenden überrascht, wie viel sie in diesem vermeintlich kurzen Sprint geschafft haben. Selbst diejenigen, die nicht alle der selbstgesteckten, ambitionierten Ziele erreichen konnten, waren erstaunt über das erledigte Pensum.
Was ebenfalls als großes Plus gelobt wurde, war die Zusammenarbeit über Fachbereiche und Abteilungsgrenzen hinweg. Die unterschiedlichen Perspektiven, Herangehensweisen und Expertisen aus dem ganzen Haus trugen, das bestätigten die bunt zusammengewürfelten Teams, zu einem anregenden Austausch bei und beflügelten die gemeinsame Kreativität.
Und schließlich gab es noch eine einhellige Rückmeldung: Es hat allen Beteiligten großen Spaß gemacht, „einfach mal zu machen“. Ein Fazit, das die Organisator*innen teilen und das man den Arbeitsergebnissen auch anmerkt.
Diese Erfahrungen geben kräftig Rückenwind, um erneut einen Hackathon in der DNB durchzuführen. Wann der nächste stattfindet, wird die Zukunft zeigen. Die Teilnehmenden des ersten Hackathons sind seine besten Botschafter*innen.
Das Organisationsteam
(Barbara Fischer, Philippe Genêt, Thomas Seidel, Ramon Voges, Nico Wagner, André Wendler)