Ein Lebenswerk der graphischen Schätze

Elaborierte Maya-Ornamentik, makellose Statuen griechischer Damen, mongolische Krieger in voller Rüstung … Die Zeichnungen der Leipziger Illustratorin Inge Brüx (* 1939) überspannen außerordentliche Distanzen in Zeit und Raum. Seit kurzem bereichern sie mit ihren außergewöhnlichen Motiven auch die Sammlungen des Deutschen Buch- und Schriftmuseums (DBSM), da die Künstlerin ihr graphisches Lebenswerk der Deutschen Nationalbibliothek übergeben hat.
In fast vier Jahrzehnten künstlerischer Tätigkeit ist dabei ein Berg an Entwürfen, Skizzen, Reinzeichnungen und Andrucken zu allerhand Illustrationsprojekten entstanden, mit besonderem Schwerpunkt auf kultur- und kunsthistorischen und ethnologischen Themen. Dazu erhellt geschäftliche Korrespondenz die Beziehung mit den zuständigen Verlagen.

Der Anfang war dabei nicht leicht, gerade auch für sie als Frau und alleinerziehende Mutter, wie Brüx betont. Nach einer Ausbildung im Zinkdruck und einem Studium an der HGB begann sie Anfang der 60er Jahre, bei vielen Verlagen „Klinken zu putzen“. Um ihr Gehalt musste sie oft feilschen. Sie erfuhr von männlichen Kollegen, die für ähnliche Arbeit doppelt so hoch entlohnt wurden. In den etwa 70 Werken, an denen sie beteiligt war, ist sie nicht immer namentlich genannt.
Nach einem Einstieg bei Reclam übernahm sie im Laufe der Jahre Aufträge für alle namhaften Leipziger Verlage, insbesondere für Seemann und Edition Leipzig, aber auch für den Verlag für die Frau, Urania, Koehler & Amelang, Hofmeister und andere Musikverlage. In den 80er Jahren dann hatte sie sich soweit etabliert, dass sie ihre Preise selbst setzen und keine Probezeichnungen mehr vorlegen musste. Offizielle Anerkennung fand ihre Arbeit u.a. auf der VIII. und IX. Kunstausstellung der DDR sowie unter den „Schönsten Büchern der DDR“, so zum Beispiel für Boris Stawinski: „Mittelasien – Kunst der Kuschan“ (1979).

Auch sonst finden sich die verschiedensten Erdteile und Kulturen in ihren Mappen wieder: Mesopotamien, Japan, Sibirien, genauso gut aber europäische Gotik oder sächsische Volkskunst. Der kulturwissenschaftliche Schwerpunkt ihres Werkes sei aber keine bewusste Entscheidung gewesen. Brüx: „Ich habe genommen, was ich bekam.“ Unter ihren Werken sind durchaus auch populäre Ratgeberbücher – so das „Kosmetikbuch für alle“ des Verlags für die Frau – oder Belletristik wie „Das Gespenst von Canterville“.
Für die kunsthistorischen Veröffentlichungen fertigte sie häufig Umzeichnungen nach Fotovorlagen an, mit Feder und Tusche auf dickem, pergamentähnlichem Transparentpapier (wie hier gezeigt). Da der Erwerb von Nutzungsrechten an Fotos aus Devisenmangel schwierig war, griffen DDR-Verlage regulär auf solche Umzeichnungen zurück. Brüx betont jedoch den eigenständigen künstlerischen Wert dieser Zeichnungen, schon da die oft mittelmäßige Foto-Qualität zu Interpretationen gezwungen habe. Zudem verlangte der Druck häufig, farbige Fotos in schwarz-weiß umzusetzen.

Der Vorlass Inge Brüx erweitert den Schwerpunkt des DBSM zu Buchillustration in den Bereich anspruchsvoller kunst- und geisteswissenschaftlicher Literatur, stärkt die Repräsentation von Künstlerinnen in seinen Sammlungen – und lässt dabei im Fernweh und in der Eleganz vergangener Epochen zu schwelgen.
Benjamin Sasse
Benjamin Sasse ist Sammlungsleiter für die Vor- und Nachlässe und geschlossene Sammlungen im Deutschen Buch- und Schriftmuseum.
Das ist nicht Altindianische Kunst in Mexico…. Das ist ein Andean kunst von sudamerika, das gehort Aymara bevolkerung
Lieber Yamir, wir haben hier nur den Buchtitel angeführt, für den diese Zeichnungen angefertigt wurden (vgl. hier im Katalog https://d-nb.info/861220404). Zur Richtigkeit der Zuordnung können wir leider keine Angaben machen.
Toller Beitrag zu wunderbar gestaltenden Werken. Da werden Kindheitserinnerungen wachgerufen, als man noch staunend durch schön illustrierte Märchen- und Bilderbücher blätterte und sich allein in den Grafiken und Illustrationen in wohlgenüssliche Phantasien flüchten bzw. verlieren konnte.