Ein Mix aus alt, neu, modern und historisch

14. März 2025
von Sabine Albrecht

Im Frühjahr 2021 wurde der Staatsbetrieb Sächsische Immobilen- und Baumanagement (SIB) mit der sogenannten „Kleinen Baumaßnahme“ in der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig beauftragt. Diese umfasste die Sanierung des historische Lesesaals Geisteswissenschaften sowie die Modernisierung der Medienausleihe.

Mit der Beauftragung wurden einige planerische und verwaltungsseitige Schritte in Gang gesetzt, die sich nicht ohne Weiteres erschließen. Im Rückblick können sie einen Eindruck vermitteln, welche Chancen und Herausforderungen die Sanierung und Modernisierung historische Räumlichkeiten mit sich bringen. 

Wie alles begann …

Der Planungsauftrag des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen (SMF) basierte auf der Bedarfsplanung der Deutschen Nationalbibliothek. Vorangegangen waren DNB-interne Abstimmungen zu Anforderungen an die Arbeitsplätze, beispielsweise die Umsetzung von höhenverstellbarem Mobiliar und Tischflächen mit ausreichend Ablagefläche für die zu bearbeitenden Medienwerke und einer zeitgemäßen Umsetzung der Ausleihprozesse. Dies meint eine selbstbediente Aufbewahrung und erneute Ausgabe von Medien, welche durch die erreichte Selbstständigkeit und zeitliche Flexibilität einen deutlichen Servicegewinn darstellt.

Parallel war die Bauabteilung der Deutschen Nationalbibliothek mit den im SIB beschäftigten Kolleg*innen bereits seit 2019 verschiedene Szenarien durchgegangen, wie die Beheizung und Belüftung des Lesesaals verbessert werden könnte, ohne in den denkmalgeschützten Bestand wesentlich einzugreifen. Ziel sollte es sein, die Zuglufterscheinungen besonders in der Kaltluftachse vom Haupteingang bis in den Lesesaal hinein zu verringern.

Durch die Vorbetrachtungen war klargeworden, dass ohne zeitweilige Schließung ein Umbau nicht zu realisieren wäre.

… und in formale Abläufe überging

Auf Grundlage des Planungsauftrages hat der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilen- und Baumanagement (SIB) die Verfahren zur Gewinnung des externen Planungsteams im Mai 2021 gestartet. Folgende 11 Planungsbüros und weitere Fachleute wurden gebunden, so dass Anfang Oktober 2021 die Planungsanlaufberatung stattfinden konnte.

  1. KHM – Architekten für die Hochbauplanung
  2. IG Haupt für HKLS und GA
  3. B-Plan GmbH & Co. KG für Elektrotechnikplanung
  4. Innius GDT für Strömungssimulationen
  5. Statik Gruner GmbH
  6. Brandschutz Uhlenhut
  7. Akustikingenieurbüro Goritzka
  8. Dipl. Phys. Michael Jäger für SiGeKO-Leistungen während der Bauphase
  9. 3 Restauratoren für Bestandsuntersuchungen und Dokumentation)

Parallel zur Erstellung des Entwurfskonzeptes für die Medienausleihe wurden im Lesesaal restauratorische Untersuchungen durchgeführt und die Befunde dokumentiert. In Abstimmung mit der Denkmalpflege und aus wirtschaftlichen und zeitlichen Gründen wurde festgelegt, die Einbauten nicht auf die ursprüngliche Farbfassung der Erbauungszeit zurückzuführen, sondern die aktuelle Fassung beizubehalten, Fehlstellen zu reparieren und alle Oberflächen aufzufrischen. Das bewegliche Mobiliar wurde ausgebaut und aufgearbeitet.

Das Technikkonzept

Zur fundierten Planung des Lüftungs- und Heizungskonzeptes wurden umfangreiche Gebäudesimulationen und Strömungsmessungen durchgeführt, um Schwachstellen zu identifizieren und eine funktionierende, aber auch wirtschaftliche und energieeffiziente Lösung zu finden, die die nötige Behaglichkeit schaffen kann.

Durch die Simulationen wurde nachgewiesen, dass im Bereich Lesesaal und Medienausleihe die zulässige Anzahl der sogenannten „Übergradtemperaturstunden“ überschritten wird, das heißt, dass es nicht nur gefühlt, sondern auch nachweislich im Sommer zu heiß wird. Nur so war es möglich, die Lüftung mit einer Kühlmöglichkeit zu koppeln beziehungsweise diese genehmigt zu bekommen.

Simulation und Thermografien haben darüber hinaus ergeben, dass die Fenster des Lesesaals gegen moderne 3-Scheiben-Isolierglasfenster zu tauschen sind.

Das umzusetzende Konzept der technischen Gebäudeausrüstung basierte entsprechend der Variantenuntersuchungen auf der Erneuerung der Heizung (weiterhin überwiegend luftgeführt über Gebläsekonvektoren) und einer raumlufttechnischen Anlage mit energieeffizienter Wärmerückgewinnung, sowie Kühlung (luftgekühlte Kältemaschine, Aufstellung außen).

Die Lampen im Lesesaal werden nun mit LED-Technik betrieben.
Lesesaal Naturwissenschaften nach der Modernisierung. Foto: DNB, Fanni Fröhlich, CC-BY-SA 3.0DE

Ziel war, eine gute Luftverteilung und ganzjährig stabile Raumtemperaturen bei möglichst unsichtbarer Umsetzung zu erreichen.

Die geplante Regelung ermöglicht unterschiedliche Luftmengen der Zu- und Abluftstrecke einzustellen, um den Betrieb des Lesesaales in der Nutzungsphase zu optimieren.

Weitere Maßnahmen des Technikkonzeptes sind die Umstellung der Beleuchtung auf LED, auch im Lesesaal des 1. Erweiterungsbaus (Baustellenzuwegung), dem Lesesaal für Naturwissenschaften.

Das Architekturkonzept

Jede einzelne Erweiterung war stets auch Spiegel der zur jeweiligen Erbauungszeit geltenden Stilauffassung. So zitiert der Entwurf von KHM Architekten, gemäß Vorabstimmung mit der Denkmalpflege, die historische Fassung von 1916, indem sie die Raum-Flurgliederung mit modernen Mitteln wiederherstellt, maßvoll und in einem modernen, technisierten Kontext.

Dahinter werden zwei Bereiche verschiedener Gestaltung untergebracht: Die Medienboxen[1]  mit rund 1.250 Fächern und ein offen anmutender Servicebereich für die Mitarbeitenden der Deutschen Nationalbibliothek, welche die eher abschirmende Tresensituation der 1960-er Jahre ablöst. Verbindendes Gestaltungsmaterial ist Eichenholz und Linoleum.

Im Lesesaal bestand die Herausforderung, die Arbeitsbedingungen der Nutzenden zu verbessern und den Charme der Gründungszeit der 1910-er Jahre zu erhalten.

Durch den Hochbau waren neben der zeitgemäßen Umgestaltung der Medienausleihe und der energetischen Sanierung, die Schaffung einer akustischen Abschirmung der Buchtransportanlage, lastverteilende Maßnahmen auf den Decken zu ermöglichen sowie verschiedene Maßnahmen der Brandschutzertüchtigung vorzunehmen.

Die Realisierung

Aufgrund der intensiven Vor- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen erfolgte die Vorlage der sogenannten Bauunterlage erst am 2. September 2022 ans Sächsische Staatsministerium der Finanzen (SMF) und die Deutsche Nationalbibliothek mit einem Volumen von rund 2.5 Millionen Euro.

Das nutzerseitige Einverständnis lag am 28. Oktober 2022 vor. Der Prüfvermerk des Sächsische Staatsministerium der Finanzen (SMF), also die Genehmigung, erreichte den Staatsbetrieb Sächsisches Immobilen- und Baumanagement (SIB) am 22. Dezember 2022 mit Gesamtbaukosten in Höhe von 2.521.000 Euro.

Wir konnten somit im Januar 2023 mit der Ausführungsplanung beginnen und ab circa Juni 2023 ausschreiben. Im Zuge Ausschreibung und Ausführung wurden 31 Firmen gebunden.

Baubeginn war im Oktober 2023 mit einem geplanten Bauende im Oktober 2024. Die tatsächliche Fertigstellung war im Dezember 2024 / Januar 2025 avisiert. Insgesamt blieben damit die betreffenden Lesesäle für gut 14 Monate geschlossen. Nutzende der Deutschen Nationalbibliothek konnten jedoch auf andere der insgesamt 8 Lesesäle und eine Interimsausleihe in der auch baulich seit 1916 bereits viermal erweiterten Deutschen Nationalbibliothek ausweichen.

Aufgrund von Baupreissteigerungen und unvorhergesehenen Umständen, die bei Sanierungen unvermeidbar sind, wurde im laufende Prozess noch ein sogenannter Nachtrag zur Bauunterlage i.H.v. 301.000 Euro am 25. Juni 2024 vorgelegt und bestätigt, sodass sich die gesamte Maßnahme nun auf 2.822.000 Euro beläuft und auch damit abschließt.

In den nächsten Wochen und Monaten finden während des laufenden Betriebs noch weitere Temperatur- und Feuchte- sowie Strömungsmessungen statt, um die Qualität zu sichern und bei Bedarf die Anlage entsprechend nachregulieren zu können.

Die Umbauten werden hoffentlich Anklang finden und den Anforderungen der Nutzenden und der Mitarbeitenden der Deutschen Nationalbibliothek gerecht werden. Sie tragen einen Teil zu einem verantwortungsvollen Umgang mit den in der Deutschen Nationalbibliothek für die Ewigkeit gesammelten Medienwerke zu bewahren und sie zugleich in angenehmer und unterstützender Atmosphäre sichtbar zu machen.

Sabine Albrecht

Sabine Albrecht ist Architektin und Sachgebietsleiterin der Niederlassung Leipzig 1 des Staatsbetriebs Sächsisches Immobilen- und Baumanagement (SIB). Sie leitet das Sachgebiet Bundesbau 2, welches federführend für Baumaßnahmen in der DNB zuständig ist und diese gemeinsam mit dem Sachgebiet Betriebstechnik und bei Bedarf dem Sachgebiet Ingenieurbau umsetzt.


 [1] Zum Beitrag „Neuigkeiten für Nutzende“

*Nachweis Beitragsbild auf der Startseite:DNB, Fanni Fröhlich

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