Geisterstunde in der GND

31. Oktober 2024
von Elke Jost-Zell

Entitätencodes für Personen der unheimlichen Art

Entitäten und Entitätencodes – was mag das sein?

Als „Entitäten“ bezeichnen Redakteur*innen die verschiedenen Satztypen von Normdatensätzen in der Gemeinsamen Normdatei, GND. Wir unterscheiden dabei Satztypen für Personen (p), für Geografika (g), für Körperschaften (b), Konferenzen (f), Werke (w) und Sachschlagwörter (s). Dies ist zunächst einmal nichts Rätsel- oder gar Geisterhaftes.

Zeichnung eines Gespenstes mit der Aufschrift GND
Auch luftige Wesen erhalten Datensaätze in der GND – wenn es Literatur über sie gibt

Normdatensätze für reale Personen

Schauen wir uns als Beispiel die Datensätze für Personen an. Hier unterscheiden wir verschiedene Personen(gruppen) und weisen ihnen Codes zu. Die Codes geben uns Auskunft darüber, mit welcher Art Person oder Personengruppe wir es in einem bestimmten Personennormdatensatz zu tun haben. Der Entitätencode für eine Familie (z.B. Familie Windsor aus Großbritannien) ist „pif“, der für regierende Fürsten und Mitglieder regierender Fürstenhäuser (wie das Fürstenhaus Grimaldi aus Monaco) lautet „pik“. Für Pseudonyme (wie Robert Galbraith, der im wahren Leben J.K. Rowling heißt) vergeben wir den Code „pip“. Sammelpseudonyme, also ein Pseudonym, unter dem verschiedene Schriftsteller*innen schreiben, erhalten den Code „pis“ – ein Beispiel hierfür ist das Sammelpseudonym Jean Bagnol, unter dem das Schriftstellerehepaar Nina George und Jens Johannes Kramer veröffentlicht. Für individuelle Menschen (oder auch Tiere!) oder Individuen, für die kein anderer Code zutreffend ist, vergeben wir „piz“ – ein Code, den sich die antike Dichterin Sappho mit der modernen Poetry-Slammerin Julia Engelmann oder auch Knut der Eisbär mit dem Rennpferd Seabiscuit teilt.

Normdatensätze für irrlichterne Personen

Doch nun kommen wir in den Bereich des Surrealen und Fantastischen, dort, wo die Grenze dünn ist zwischen unserer Welt und der Anderswelt oder sich gänzlich auflöst … so wie heute, in den Nebeln von Halloween oder Samhain. Auch mit diesen fantastischen Welten beschäftigen sich die GND-Redakteur*innen bei ihrer Redaktions- und Codierungsarbeit.

Denn es gibt nicht nur Medienwerke von und/oder über reale Personen (oder Tiere), sondern auch über die Wesen, die einem Kulturkreis, Sagen, Legenden und Märchen entstammen, oder die der Fantasie eines Autors oder einer Autorin entsprungen und in einer Geschichte verewigt sind. Die GND nimmt sich dieser fiktiven Gestalten an und vergibt Codes zu ihrer Identifizierung.

Finden wir in einem Personendatensatz den Code „pxg“, haben wir es mit einem Gott zu tun, also laut Definition „einem übernatürlichen Wesen, das als Träger heiliger oder transzendenter Kräfte verehrt wird“. Die griechische Göttin Artemis erhält diesen Code ebenso wie der keltische Gott Cernunnos und die altnordische Göttin Freyja. Auch für fiktive Gestalten in einem literarischen Text oder aus einer Sage und Legende gibt es einen Entitätencode: pxl. In diesem Segment der GND sind auch solche Figuren friedlich, die sich in den Büchern oder ihren Verfilmungen nicht so gut verstehen, wie die Erzfeinde Batman und Joker oder der legendäre „Once and Future King“ Artus mit seinem verwandten Widersacher Mordred. Ebenso finden sich hier auch Freunde wie der Apachenhäuptling Winnetou und Old Shatterhand ebenso wie Zauberlehrling Harry Potter und Hermione Granger sowie der griechische Held Jason mit all seinen Argonauten im Normdatenpool der GND wieder.

Geistreiche GND

Wirklich halloweenisch wird es beim letzten, noch fehlenden Entitätencode für Personen – pxs für Geister. Als Geist definieren wir ein „immaterielles Wesen, das im Zwischenreich von Menschen und Göttern existiert.“ Hier gibt es Geister, die durch ein irdisches Medium sprechen, wie das engelhafte Geistwesen Aannathas, das aus einem einzigen Medium spricht oder den Geist Saint Germain, der sich gleich durch ein ganzes Dutzend Medien channelt. Dann gibt es den Glashüttengeist Turandl, eine Sagengestalt, die den Bayerischen Wald umweht oder den Korn- und Nachtgeist Habergeiß, der als Ziege, dreibeiniges Wesen mit Vogelkörper und Katzen- oder Ziegenkopf in Bayern und Österreich umgeht. In dieser Entität treffen sich Engel und Dämonen; bemerkenswert ist auch ein Geist mit einem durchaus irdischen Zug wie der von Jules Mazarin, der als angeblicher Geist des gleichnamigen französischen Staatsmanns und Kardinals im 17. Jahrhundert als Autor einer Flugschrift genannt wird.

Darstellung des Personendatensatzes der GND in einem semantischen Netz
Es geistert in der GND – Darstellung des Geistes Aannathas im GND-Explorer

Und nun verlassen wir die glasklaren Metadaten der Gemeinsamen Normdatei, GND, und genießen die herbstlichen Schleier und geisterhaften Nebel der Nacht vor Allerheiligen, mit Kürbissuppe, kleinen Geistern mit Kinderstimmchen und Süßem statt Saurem. Happy Halloween!

*Nachweis Beitragsbild auf der Startseite:Zeichnung: Elke Jost-Zell

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  • ISSN 2751-3238