Heftromane: Das unterschätzte Phänomen der Populärkultur

19. Februar 2025
von Linus Hartmann-Enke

Am 12. und 13. Februar 2025 durfte die Deutsche Nationalbibliothek Leipzig die Forschungsgruppe rund um das Vorhaben zum „Deutschen Heftroman“ begrüßen. In zwei prall gefüllten Tagen diskutierten die Teilnehmenden verschiedene Fragen zur Antragsstellung, Organisation und Durchführung des geplanten Projekts.

Forschende des Heftroman-Projekts, Foto: DNB / Christine Hartmann, CC-BY SA 3.0 DE

Das Projekt ist paradigmatisch für die Rolle der Deutschen Nationalbibliothek als wissenschaftliche Partnerin auf Augenhöhe und Dienstleisterin für die Wissenschaft: Die Forschergruppe ist auf unsere Bestände angewiesen, da das Medium Heftroman in Deutschland mit dem Anspruch auf Vollständigkeit nur dank ihres gesetzlichen Auftrags in der Deutschen Nationalbibliothek gesammelt wurde.

Heftromane – das sind die kleinen, oft schnell gelesenen Geschichten, die in Bahnhofsbuchhandlungen, Supermärkten und Kiosken zu finden waren und sind. Ob Western, Science-Fiction, Arzt- oder Gruselgeschichten – sie gehören zur Populärkultur wie Comics oder Fernsehserien. Doch obwohl sie seit über 100 Jahren fester Bestandteil der deutschsprachigen Literaturwelt sind, wird über sie erstaunlich wenig geforscht.

Dabei sind Heftromane mehr als nur „Lesefutter“. Sie folgten einem einzigartigen Konzept: Anders als klassische Bücher standen nicht einzelne Romane im Mittelpunkt, sondern ganze Reihen. Seit 1900 sind nach Schätzungen über 800 solcher Reihen erschienen – einige hielten sich nur wenige Jahre, andere dafür mehrere Jahrzehnte. Meist wöchentlich erscheinend, haben sie ihre Leser*innen über Generationen hinweg begleitet und sich immer wieder an neue Trends angepasst.

Doch was machte Heftromane so besonders? Neben ihrer klaren Serienstruktur und dem standardisierten Umfang von meist 64 Seiten fällt auch ihre Produktionsweise auf: Sie wurden wie Presseprodukte hergestellt, auf einfachem Papier gedruckt und oft in Nebenmärkten vertrieben. Gleichzeitig spielte das Cover eine große Rolle – oft aufwendig gestaltet, um die Serie als Marke zu etablieren. Auch hinter den Kulissen lief es anders als im klassischen Buchbetrieb: Autor*innen arbeiteten meist innerhalb strikter Vorgaben der Verlage, und oft schrieben mehrere Personen gemeinsam an einer Reihe.

Trotz ihrer enormen Verbreitung und ihrer Bedeutung für die literarische Kommunikation wurden Heftromane lange Zeit kaum erforscht. Genau das will ein aktuelles Forschungsprojekt ändern. Dabei stehen drei zentrale Fragen im Fokus: Wie funktionieren Heftromane als Medium? Welche wirtschaftlichen Mechanismen stecken dahinter? Und welche literarischen Besonderheiten zeichnen sie aus?

Heftromane sind also weit mehr als „Lesestoff für zwischendurch“ – sie sind ein faszinierendes Genre mit einer eigenen Geschichte, eigenen Regeln und einer treuen Leserschaft. Zeit, sie genauer unter die Lupe zu nehmen!

Die DNB ist mit der Digitalisierung von ca. 12.345 Heften aus 44 Reihen (Stand Dezember 2024) in Vorleistung gegangen – ohne diese Dienstleistung wäre die Erforschung des Themas mit Instrumentarien der Digital Humanities nicht möglich.

Linus Hartmann-Enke

Dr. Linus Hartmann-Enke ist stellvertretender Leiter und Referatsleiter Sammlungen des Deutschen Buch- und Schriftmuseums.

*Nachweis Beitragsbild auf der Startseite:Der Ring des Kurfürsten Coverbild. Aufwärts-Verlag Berlin

Ein Kommentar zu „Heftromane: Das unterschätzte Phänomen der Populärkultur“

  1. Fanni Fröhlich sagt:

    Vielen Dank für den Einblick.

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