Lernen, diskutieren, erinnern: Bildungsarbeit im Exilarchiv

21. August 2025
von Vermittlungsteam des Exilarchivs

Diese Woche hat in Hessen das neue Schuljahr 2025/2026 begonnen. Das Team des Exilarchivs freut sich schon auf zahlreiche Jugendliche, die demnächst wieder unsere Ausstellungen besuchen. Und auch andere interessierte Gruppen sind selbstverständlich herzlich willkommen!

Während der Sommerpause haben wir unsere Webseite neu gestaltet: Unsere vielfältigen Bildungsangeboten werden nun übersichtlich präsentiert und detailliert beschrieben.

Unter Berücksichtigung der Lehrpläne in Hessen hatten wir seit vergangenem Jahr neue Workshop-Formate entwickelt und bestehende didaktische Konzepte überarbeitet. Die Zeitzeugen-Ausstellung „Frag nach!“ und die Ende 2024 neugestaltete Dauerausstellung „Exil. Erfahrung und Zeugnis“ ermöglichten uns viele neue Perspektiven und Zugänge sowie Anknüpfungspunkte auch an gegenwärtige Debatten. Für unsere Vermittlungsarbeit ein absoluter Gewinn!

Über 1.200 Schülerinnen und Schüler nahmen an den Workshops teil

Über 1.200 Schülerinnen und Schüler nahmen im vergangenen Schuljahr an unseren Workshops teil. Sie kamen aus Frankfurt und dem Rhein-Main-Gebiet, aber auch aus weiter entfernten Schulen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Auch viele Lehrkräfte kamen zu Fortbildungen und empfahlen das Exilarchiv als außerschulischen Lernort weiter.

Besonders häufig wurde unser zweistündiger Workshop „Frag nach!“ gebucht. Interessiert erkundeten die Jugendlichen die Ausstellung „Frag nach!“, in der es um die Geschichte der Holocaust-Überlebenden Inge Auerbacher und Kurt S. Maier geht. Sie vertieften sich in persönliche Fotografien und Dokumente und beschäftigten sich mit der nationalsozialistischen Ausgrenzungs- und Verfolgungspolitik. Gemeinsam entwickelten die Schülerinnen und Schüler Fragen, die sie später an die digitalen interaktiven Zeitzeugnisse von Inge Auerbacher und Kurt S. Maier richteten. Die meisten Teilnehmenden erlebten die Befragung der interaktiven Interviews als Höhepunkt des Workshops und zeigten sich nachhaltig beeindruckt von den authentischen und menschlichen Antworten der Zeitzeugen. Engagiert beteiligten sie sich auch an der Diskussion darüber, wie Erinnerungsformate zukünftig aussehen könnten und wo ethische Grenzen liegen.

Neuer Workshop zur Abiturlektüre „Heimsuchung“ von Jenny Erpenbeck

Seit 2025 ist Jenny Erpenbecks Roman „Heimsuchung“ in Hessen und jetzt auch in weiteren Bundesländern Abiturlektüre. Darauf haben wir mit einem eigens entwickelten Workshop reagiert, denn zwischen dem Inhalt des Romans und unserer Ausstellung „Exil. Erfahrung und Zeugnis“ bestehen viele Verbindungen. Anhand historischer Objekte und weiterführender Quellen recherchierten angehende Abiturientinnen und Abiturienten zu den Themen des Romans und entwickelten so ein tieferes Verständnis für den Text und die darin geschilderten Ereignisse. Aus der Beschäftigung mit den Themen Flucht und Exil, Deportation und Shoah, politische Verfolgung und Widerstand sowie Rückkehr und Heimat ergaben sich spannende Diskussionen und neue Einsichten.

Unseren geführten Rundgang „Schriftstellerinnen und Schriftsteller im Exil“ haben wir auf vielfachen Wunsch zu einem Workshop erweitert und im vergangenen Schuljahr mit verschiedenen Gruppen durchgeführt. Der Workshop beschäftigt sich insbesondere mit vier Autorinnen und Autoren, die auch im Kerncurriculum für die gymnasiale Oberstufe eine Rolle spielen: Joseph Roth, Stefan Zweig, Anna Seghers und Thomas Mann. Die Jugendlichen erfuhren in dem dreistündigen Workshop nicht nur Neues über die Lebens- und Arbeitsbedingungen exilierter Literatinnen und Literaten, sondern hatten Gelegenheit, unterschiedliche Textgattungen kennenzulernen, zu analysieren und zu erfahren, was daran für das Schreiben im Exil spezifisch ist. Daraus ergaben sich auch immer wieder spannende Diskussionen über die gesellschaftliche Rolle von Schriftstellerinnen und Schriftstellern, und auch über die medialen „Orte“ und Gattungen, in denen heutige Debatten geführt werden.

Besonderes Angebot: Fachtag zum Thema Antisemitismus

Bei einem mehrtägigen Fachtag beschäftigten sich Schülerinnen und Schüler des Frankfurter Helmholtz-Gymnasiums vor den Sommerferien mit dem Thema Antisemitismus in Vergangenheit und Gegenwart. Anhand historischer Quellen analysierten sie, wie Albert Einstein zur Projektionsfigur des NS-Antisemitismus wurde und worin die spezifischen Ausprägungen des Antisemitismus bestanden. Intensiv wurde auch über antisemitische Memes und Codes heute diskutiert. Einblicke in aktuelle antisemitische Vorfälle und die Auswirkungen auf Betroffene gab eine Mitarbeiterin von OFEK e.V. Das neu entwickelte Angebot steht im neuen Schuljahr auf Anfrage zur Verfügung.

Uns erreichte viel positives Feedback: Von den Lehrkräften wurde vor allem geschätzt, dass die Angebote kritisches Denken, Demokratieverständnis, Empathie und eine multiperspektivische Auseinandersetzung mit Geschichte fördern. Die Jugendlichen betonten, dass sie es spannend fänden, authentische Objekte und Erinnerungen kennenzulernen, darüber nachzudenken und zu diskutieren.

Auch für uns waren die Workshops natürlich gewinnbringend: Aus den Diskussionen mit den Schülerinnen und Schülern konnten wir viele interessante Erkenntnisse ziehen und unsere Inhalte weiterentwickeln. Deutlich wurde vor allem, wie sinnvoll es ist, dem gemeinsamen Gespräch im Rahmen des Formats möglichst viel Raum zu geben. Oftmals resultieren gerade aus diesen Runden die nachhaltigsten Lernerfolge.

Neue Webseite mit allen Bildungsangeboten

Im neuen Schuljahr laden wir also wieder dazu ein, sich mit Exilgeschichte, NS-Geschichte und Antisemitismus damals und heute auseinanderzusetzen. Wir vermitteln historisch fundiertes und für die Gegenwart relevantes Wissen.

Neben den erwähnten und vielen weiteren spannenden Bildungsangeboten, die sich auch an spezielle Zielgruppen wie jüngere Kinder oder Polizistinnen und Polizisten richten, können mit der Rallye „Auf der Flucht vor den Nationalsozialisten“ und der biografischen Spurensuche „Menschen auf der Flucht“ ab diesem Schuljahr zwei überarbeitete Angebote wieder gebucht werden. Jugendliche lernen oder vertiefen darin ihr Wissen über die NS-Verfolgungspolitik, beschäftigen sich mit authentischen Quellen und werden angeregt Bezüge zu gegenwärtigen Fragen herzustellen.

Alle Bildungsangebote finden sich auf unsere Webseite und können von dort direkt angefragt werden: https://www.dnb.de/deabildung

Wir freuen uns auf Ihre Anfrage!

*Nachweis Beitragsbild auf der Startseite:Michal Schwartze

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