Wasserzeichen & Co.

20. März 2025
von Johanna Weißler

Die Wasserzeichensammlung des Deutschen Buch- und Schriftmuseums gilt als die größte erschlossene Wasserzeichensammlung der Welt. Die Wasserzeichensammlung des Papierhistorikers Karl Theodor Weiß (1872–1945) und seines Sohnes Wisso Weiß (1902–1991) hat mit über 150.000 Belegen den größten Anteil. Ihre Struktur und ihr Umfang macht die Sammlung zu einem idealen Nachschlagwerk, um Nutzer*innen bei der Beantwortung von papiergeschichtlichen Fragestellungen zu unterstützen.

Fotografien vom Deutschen Papiermuseum in Greiz: früherer Ort der Sammlung, um 1960. Foto: DNB / Christine Hartmann

Die Idee von Karl Theodor Weiß

Begründer der Wasserzeichensammlung des Deutschen Buch- und Schriftmuseums ist der Rechtsanwalt Karl Theodor Weiß. Er verfolgt die Absicht, ein Museum ins Lebens zu rufen, das „eine möglichst vollständige Sammlung von Originalpapieren mit allen vorkommenden Wasserzeichen aller Zeiten und Länder in systematisch geordneten Entwicklungsreihen vom ersten Auftreten des handgeschöpften Papiers bis zum Maschinenpapier“1 sowie ein Papiermacher- und Papiermühlenverzeichnis, eine Fachbücherei und kulturgeschichtliche Zeugnisse aus dem Herstellungsprozesses von Papier und seinen Vorläufern umfasst. 1897 etabliert Karl Theodor Weiß das „Deutsche Papier Museum“ – zumindest als Briefkopf.

Die Umsetzung durch Wisso Weiß

Die Realisierung des Museums gelingt erst seinem Sohn, Wisso Weiß. Über einen Zeitraum von drei Jahren haben Vater und Sohn ein Konzept für ein Deutsches Papiermuseum erarbeitetet, das die wesentlichen Punkte der ursprünglichen Satzung aufgreift. Das Konzeptes in ein begehbares Museum umzusetzen, ist ein jedoch langwieriger Prozess, nicht zuletzt wegen der gesellschaftlichen und politischen Umbrüche in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Nach dem Tod des Vaters 1945 übernimmt Wisso Weiß die Betreuung der Sammlung und bemüht sich jahrelang, den väterlichen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. 1957 schließlich öffnete das Deutsche Papiermuseum in Greiz

Greiz erweist sich allerdings nicht als geeigneter Standort. Deshalb geht die Bestände des Deutschen Papiermuseums 1964 als eigenständiges Sachgebiet an das Deutsche Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Bücherei in Leipzig über. Die Fachbücherei wird in die Bibliotheksbestände des DBSM integriert. Die Zugänge sind verzeichnet.

Die Herkunft der Wasserzeichen

Doch woher kommen die Wasserzeichenbelege? Diese Frage wird sich nie abschließend klären lassen, da keine vollständige Dokumentation über die Herkunft aller Papiere existiert. Diese „Lücke“ ist auf den Umstand zurückzuführen, dass eine Sammlungsdokumentation nach heutigem Verständnis in keinem der Konzepte beabsichtigt war.

Einige Hinweise finden sich in den von Karl Theodor und Wisso Weiß‘ Erben zusammengestellten Nachlässen. Die Deposita enthalten ausschließlich Unterlagen mit Bezug zur papierhistorischen Forschung und sind seit ihrer Übergabe 1993 um einige Nachreichungen ergänzt worden.

Daraus geht hervor, dass Karl Theodor Weiß während seiner Stationierung im Ersten Weltkrieg in München und im Breisgau Papiere mit dem Vermerk „Zur Sammlung“ in die Heimat schickt.Manche Papiere tauscht er, manche werden ihm überlassen, manche kauft er von anderen Sammlern. Darunter sind zum Beispiel der Papierhistoriker Edmund Marabini, der Ingenieur Ernst Kirchner und der Maler und Heraldiker Otto Hupp.

Beim Besuch von Archiven und Bibliotheken erfasst Karl Theodor Weiß systematisch Wasserzeichen, indem er zu jedem Wasserzeichen eine handgezeichnete Pause oder ein Lichtbild anfertigt.

Der Fragebogen und die Erweiterung

Um Information zu Papiermühlen sowie Wasserzeichenbelege aus einem möglichst breiten zeitlichen und geografischen Spektrum zu erhalten, verschicken Vater und Sohn ab 1911 bis in die 1950er Jahre mehrere Tausend Exemplare eines Papiergeschichtlichen Fragebogens an Kommunen und Kirchengemeinden sowie staatliche Institutionen, Papierfabriken und Einzelforscher. Einige Antworten auf den Papiergeschichtlichen Fragebogen haben Eingang in die „Historischen Notizen“ gefunden. Sie beinhalten Materialsammlungen zu Papiermühlen, die den jeweiligen Wasserzeichenbelegen in der Sammlung zugeordnet sind.

Der außerordentliche Vorteil der Struktur dieser Wasserzeichensammlung besteht darin, dass sie unendlich erweiterbar ist. Das Deutsche Buch- und Schriftmuseum ergänzt vorhandene Entwicklungsreihen um Kopien oder Pausen von Wasserzeichen und vermerkt sie im Zugangsbuch.

Die Provenienz vieler Teile der Sammlung des ehemaligen Deutschen Papiermuseums ist noch nicht hinlänglich bearbeitet worden. Allerdings gibt es einige Ansatzpunkte und Vorarbeiten wie Zugangslisten aus dem Nachlass von Karl Theodor Weiß oder eine Masterarbeit zur Sammlungsgeschichte.2 Bei zukünftigen Recherchen können diese eine Klärung der Herkunftsverhältnisse erleichtern.

Hinterleuchtetes Wasserziechen vom Papiermacher Friedrich Christoph Wether (Wirkungszeit 1730-1748 und 1759-1771), Papiermühle Mühlhausen 2, ohne Jahr. Repro: DNB

Dieser Beitrag ist ein Kapitel aus der Publikation „Tiefenbohrung. Eine andere Provenienzgeschichte“. Infos zum Gesamtprojekt zur Provenienzgeschichte des Deutschen Buch- und Schriftmuseums sind hier zu finden: dnb.de/tiefenbohrung.

Johanna Weißler

Johanna Weißler ist studierte Historikerin der Universität Erfurt und hat ihr Praktikum an der Deutschen Nationalbibliothek absolviert. Hier schrieb sie außerdem ihre Masterarbeit über die Nachlässe von Karl Theodor und Wisso Weiß und war eine der Autorinnen der Publikation „Tiefenbohrung“.


  1. Weiß, Karl Theodor: Deutsches Papiermuseum mit Archiv und Bibliothek. Papiergeschichtliche Sammlung, begründet und wissenschaftlich geleitet durch Dr. K. Th. Weiß in Mönchweiler, Baden. Mönchweiler [Vor 1939], o. S. (NKTW 125). ↩︎
  2. Weißler, Johanna: Sammlungen zur Papiergeschichte. Die Nachlässe von Karl Theodor und Wisso Weiß. Masterarbeit, Universität Erfurt, 2018. ↩︎
*Nachweis Beitragsbild auf der Startseite:Foto: DNB / Christine Hartmann

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