Pferdestall, Klostrippe, Sarg und Co.

Interne Spitznamen für Räume am Standort Leipzig

Wer tätigkeitsbedingt nahezu täglich durch die Kellergänge und Magazintrakte des gesamten Gebäudekomplexes läuft, kommt im Laufe der Zeit darauf die sich immer wiederholende Verrichtung der Arbeit mittels kleiner Heiterkeiten zu verschönern. Die Arbeit im Magazin scheint immer wieder dieselbe zu sein (Ausheben, Versenden, Empfangen, Einstellen, Kontrollieren). Die zahlreichen Räume mit dem Bestand des Hauses jedoch bieten dabei willkommene Abwechslung. Schließlich wird mit jeder Magazinbestellung nicht immer wieder auf die gleichen der über 19 Millionen haptisch vorhandenen Medien zugegriffen. Mal ist eine Monografie gewünscht, mal eine Tageszeitung, mal ein Artikel in einer Fachzeitschrift. Egal welche Publikation, alles eint die bestandsgerechte und –schonende Aufbewahrung in einer Vielzahl von Orten.

Manche dieser Räume sind nur über Treppenhäuser zu erreichen, für weitere bedarf es eine entsprechende Schließung, wieder andere hingegen schlummern fensterlos und klimatisch exakt dosiert im dritten Untergeschoß unter der Erdoberfläche. Ein permanent wiederholender Besuch dieser Magazine sorgt im Laufe der Jahre dafür, dass sich für gewisse Orte interne Spitznamen etabliert haben. Diese werden an Neuankömmlinge oder Auszubildende im Arbeitsbereich gern weitergegeben. So halten sich die Bezeichnungen selbst in Erinnerung.

Diese Erfahrung machte ich selbst bei meiner Einarbeitung im Magazinbereich des ersten Erweiterungsbaues. Beim Begriff Pferdestall dachte ich zuerst an die ehrwürdige Gründungszeit und einen möglichen eigenen bibliotheksinternen PS-Fuhrpark. Jedoch befindet sich besagter Raum nicht ebenerdig, sondern in der dritten Etage. Sehr schnell war somit die Vorstellung von eigenen Kutschen der Vergangenheit zerplatzt. Beim erstmaligen Betreten und Betrachten der Deckenkonstruktion mit den Stahlträgern wurde mir früh klar, warum dieses Magazin eben jenen Spitznamen erhalten hat.

Der nächste zugegebenermaßen etwas morbide Spitzname eines Magazins wird ebenfalls beim Aufschauen in Richtung Decke nachvollziehbar. Durch die schräg aufeinander zu verlaufenden Außenwände und die gerade Decke ist der Vergleich zu einem Sarg leicht verständlich.

Vom höchsten Punkt des ersten Erweiterungsbaues wollen wir abschließend noch einen Blick in den ganz untenliegenden Raum wagen. Hier im Kellergeschoß des Gebäudes ist das Magazin mit dem Spitznamen Klostrippe zu finden. Was zunächst verwunderlich klingt, wird nach dem Zugang jedoch ganz schnell selbsterklärend. Die Lichtschalter zur besseren Beleuchtung der Gänge zwischen der alten Regalanlage befinden sich an der Decke. Um diese einfach und ebenso mit kleinerer Statur dennoch bedienen zu können, wurde überall eine Kette angebracht. Diese ähnelt bei genauem Anblick jener, die bei Toilettenspülungen früher ihre Verwendung fand. Nix anderes als Klostrippen-Magazin liegt bei der Beschreibung dieses Raumes im wahrsten Sinne des Wortes mehr auf/in der Hand.