Pop Art aus Ostdeutschland?

28. Juli 2022
von Benjamin Sasse

Mit dem Vorlass des Illustrators Hans Ticha erhielt das Deutsche Buch- und Schriftmuseum im Sommer 2020 die beinah lückenlose Dokumentation seines grafischen Schaffens, nachdem das Museum bereits 2007 nach einiger Ausstellung einige Werke Tichas übernommen hatte.

Abbildungen und Beispiele des Illustrators Hans Ticha, dessen Vorlass sich im Dt. Buch- und Schriftmuseum der Dt. Nationalbibliothek befindet.
Mehrere Entwürfe für Kinderbücher von Hans Ticha, u.a. „Zehn Gäns im Haberstoh“ (1988) und „Wie spät?“ (1988), Foto: DNB/Christine Hartmann

Lückenlose Dokumentation

Die Sammlung des Deutschen Buch- und Schriftmuseums ist durch eine großartige Schenkung reicher geworden: Der Grafiker und Buchillustrator Hans Ticha (*1940) übergab seinen kompletten Vorlass dem Museum. Darunter befinden sich zahlreiche Skizzen und Entwürfe, Probe- und Zustandsdrucke für Buchillustrationen, Grafiken, Plakate und Schutzumschläge. Der Vorlass dokumentiert in seiner ausgesprochen großen Fülle das künstlerische Schaffen Tichas seit 1959 bis heute. Das Besondere an dem Bestand ist seine beinah lückenlose Dokumentation des Künstlers, der 2020 seinen 80. Geburtstag feierte.

Abbildungen und Beispiele des Illustrators Hans Ticha, dessen Vorlass sich im Dt. Buch- und Schriftmuseum der Dt. Nationalbibliothek befindet.
Holzschnitte zu „Rab, Rab, schäm dich“, Hans TIcha 1986/1998, Foto: DNB/Christine Hartmann

Pop-Art aus Ostdeutschland

Ticha zählt zu den herausragenden Illustratoren der Gegenwart und gilt als einziger „Pop-Künstler der DDR“, dazu ist er ein „geschichtsbewusster, hochpolitischer Kopf“ (FAZ). Er gestaltete über 150 Bücher und Einbände, zumeist für große Verlage. Zahlreiche seiner Arbeiten wurden von der Stiftung Buchkunst als „Schönstes Buch“ ausgezeichnet und mit internationalen Preisen geehrt. Bei der Umsetzung literarischer Inhalte setzt Ticha eine breite Palette grafischer Techniken ein und entführt in eine heiter-ironische Bildwelt voller Einfallsreichtum. Die knallige Farbwahl und die runden, glatten Formen seiner Bildszenerien lassen seine Illustrationen unverkennbar aufleuchten.

Abbildungen und Beispiele des Illustrators Hans Ticha, dessen Vorlass sich im Dt. Buch- und Schriftmuseum der Dt. Nationalbibliothek befindet.
Farbige Illustrationen zu Gedichten von Erich Kästner von Hans Ticha (2003), Foto: DNB/Christine Hartmann

Auszeichnung für Lebenswerk

Im Rahmen der Frankfurter Buchmesse 2022 wurde Hans Tichas jahrzehntelanges illustratorisches Schaffen am 21. Oktober mit einem Sonderpreis des Arbeitskreises Jugendliteratur gewürdigt. Dieser ist mit 12.000 Euro dotiert und wird neben dem Deutschen Jugendliteraturpreis verliehen. Die Jury lobte Ticha als „Buchkünstler einzigartiger Klasse, […] der mit dem gesamten Spektrum der Ästhetik, die ein Bilderbuch auszumachen mag, spielt und experimentiert.“ Der Arbeitskreis wurde 1955 gegründet und vereint 54 Mitgliedsverbände aus den Bereichen Buch und Bildung, um Jugendliteratur und Lesekultur für Kinder und Jugendliche zu fördern.


Zum Datensatz des Nachlasses auf dnb.de bitte hier klicken.

Benjamin Sasse

Benjamin Sasse ist Sammlungsleiter für die Vor- und Nachlässe und geschlossene Sammlungen im Deutschen Buch- und Schriftmuseum. Hans Tichas Zeichnungen kennt er seit seiner Kindheit. Aus Hans Falladas „Geschichten aus der Murkelei“ mit Illustrationen Tichas hat ihm seine Mutter besonders gern vorgelesen.

*Nachweis Beitragsbild auf der Startseite:Foto: DNB/Christine Hartmann

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