Warum wir ein Kamel nach Berlin schickten
Mit einem abwechslungsreichen Veranstaltungsprogramm eröffnete die Stiftung Exilmuseum Berlin am 25. und 26. März 2023 die „Werkstatt Exilmuseum“. Am neuen Interimsstandort, dem ehemaligen Gebäude des Käthe-Kollwitz-Museums in der Fasanenstraße 24, arbeitet die Stiftung fortan an der Umsetzung der Pläne für ein Exilmuseum in Berlin. Es soll als Neubau auf der Freifläche hinter der Portalruine des ehemaligen Anhalter Bahnhofs entstehen. Bis es so weit ist, erhalten Besucher*innen in der nun eröffneten „Werkstatt“ Einblicke in das Vorhaben.
Die Stiftung Exilmuseum Berlin wurde im Jahr 2018 mit dem Ziel gegründet, in der Hauptstadt ein Museum für all jene Menschen einzurichten, die Deutschland während der nationalsozialistischen Diktatur verlassen mussten.
Der künftige Standort des neuen Museums ist symbolträchtig. Der Anhalter Bahnhof war bis Mitte des 20. Jahrhunderts einer der bedeutendsten Fernbahnhöfe in Berlin. Nach 1933 wurde er für viele Menschen ein Ort des langen, in vielen Fällen dauerhaften Abschieds: Von Heimat und Familie, Freund*innen und Bekannten – von einem alten und vertrauten Leben. Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten ging es von hier aus in die Ungewissheit des Exils.
Der Baubeginn für das Museum soll in diesem Jahr erfolgen, die Eröffnung ist für 2026 geplant. Es soll auch Schaufenster und Plattform für Institutionen sein, die auf dem Gebiet der Exilgeschichte forschen, sammeln oder ausstellen. Das Deutsche Exilarchiv 1933-1945 (DEA) der Deutschen Nationalbibliothek präsentiert sich bereits jetzt im Netzwerkbereich FREI RAUM der „Werkstatt Exilmuseum“. Als erste Partnerinstitution stellt es mit einer kleinen Ausstellung seine Bestände, Ausstellungen und aktuellen Projekte vor und gibt Einblicke in seine langjährige politische Bildungs- und Vermittlungsarbeit.
Als besonderes Exponat schickte das DEA ein Stoff-Kamel der Designerin Charlotte Bondy (1907-1986) als Leihgabe nach Berlin. 1936 war Bondy über die Schweiz nach London emigriert. Sie folgte ihrem Verlobten, dem jüdischen Geschäftsmann Paul Bondy, der NS-Deutschland bereits ein Jahr zuvor verlassen hatte. Im britischen Exil versuchte die gelernte Grafikdesignerin mit dem Design von Stofftieren an ihre berufliche Laufbahn der Vorkriegsjahre anzuknüpfen. Auch wenn ihre Entwürfe bei Spielwarenhändlern auf Interesse stießen, gingen letztlich nur wenige in Produktion. Kommerzieller Erfolg wollte sich nicht einstellen. Seit 2022 befindet sich ein Splitternachlass Charlotte Bondys mit von ihr designten Stofftieren im Bestand des Deutschen Exilarchivs.
Das Eröffnungswochenende lockte bereits zahlreiche Interessierte in die Fasanenstraße 24. Nach Ostern wird die „Werkstatt Exilmuseum“ am Standort des ehemaligen Käthe-Kollwitz-Museums dann jeden Donnerstag von 15 bis 18 Uhr bei freiem Eintritt für alle geöffnet sein.