Was unsere Besucher*innen lesen…

22. Dezember 2022
von Marc Wurich

Was gehört in Deinen Kanon? – In unserer Wechselausstellung „Marcel Reich-Ranicki. Ein Leben, viele Rollen“ fragen wir vom Deutschen Exilarchiv der DNB unsere Besucher*innen nach ihren Lieblingstexten und Lieblingsautor*innen. Auf Postkarten können sie ihre ganz persönlichen Leseempfehlungen an einer Kanon-Wand hinterlassen. Seit der Eröffnung der Ausstellung im Sommer füllte sich die Fläche schnell mit zahlreichen Lektüretipps. Ende September entschieden wir uns, eine erste Auswertung der bis dahin eingegangenen Empfehlungen zu machen. Das Ergebnis: Der Kanon unserer Besucher*innen ist vielfältig, bunt und international.

Zugegeben, die Toptitel mit jeweils 4 Nennungen gehören eher zur Kategorie „altbewährter Lesestoff“: Thomas Manns Buddenbrooks und Zauberberg sowie Goethes Faust muss man Klassikerfreund*innen und Deutschunterrichtgeplagten kaum eigens nahelegen. Sie finden sich übrigens auch auf Reich-Ranickis Kanonlisten wieder. Jeweils 3 Mal wurden die Bibel, Erich Maria Remarques Im Westen nichts Neues und mit Joseph und seine Brüder ein weiteres Werk von Thomas Mann empfohlen. Mit insgesamt 12 Nennungen steht der Literaturnobelpreisträger von 1929 auch an der Spitze der am häufigsten empfohlenen Autor*innen, gefolgt von Johann Wolfgang Goethe mit 7 Stimmen sowie Franz Kafka und Stefan Zweig mit jeweils 5 Nennungen.

Die am häufigsten genannte Schriftstellerin ist Natascha Wodin (4 Stimmen). 2017 erhielt sie den Preis der Leipziger Buchmesse für ihr Buch Sie kam aus Mariupol. Im Ranking der Schriftstellerinnen folgen ihr Virginia Woolf (3 Stimmen), Vicki Baum und Cornelia Funke (je 2 Stimmen). Dem auf unserer Wand mehrfach explizit vermerkten Appell nach „Mehr Frauen!“ muss man folglich beipflichten: 76% der von unseren Besucher*innen empfohlenen Texte wurden von Männern, lediglich 24% von Frauen geschrieben. (In Reich-Ranickis Roman-Kanon findet sich unter den 20 Titeln übrigens nur ein einziges Werk, das von einer Autorin geschrieben wurde: Anna Seghers Das siebte Kreuz.)

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Einige Lektüretipps von Besucher*innen zeigen wir im Video.
Video: DNB/Marc Wurich

Was nach den Mehrfachnennungen folgt, ist ein weites und disparates Feld, ein Potpourri an Texten unterschiedlichster Epochen, Genres und Sprachen, die sich irgendwo und irgendwann zwischen Homers Ilias (7./8. Jh. v. Chr.) und Anna Yeliz Schentkes Kangal (2022) einordnen lassen. Und so erfreuen wir uns vor allem an den weniger bekannten oder vielleicht auch längst vergessenen Büchern und Autor*innen, die uns die persönlichen Empfehlungen unserer Besucher*innen erstmalig oder wieder ins Bewusstsein bringen.

Freie Buchwahl konnte und wollte sogar der Großkritiker und Kanonherausgeber Reich-Ranicki niemandem in Abrede stellen:

Jede und jeder kann und soll lesen, was sie oder er will. Autoritäre Anleitungen sind unerwünscht, aufdringliche Besserwisser unwillkommen.

Marcel Reich-Ranicki: „Brauchen wir einen Kanon?“

Empfehlungen jedoch, so wollen wir ergänzen, nehmen wir gerne jederzeit entgegen.

Die Broschüre „Was gehört in Deinen Kanon?“ gibt es zum Mitnehmen in der Ausstellung oder hier als PDF:

Die Wechselausstellung „Marcel Reich-Ranicki. Ein Leben, viele Rollen“ ist noch bis zum 14. Januar 2023 in der DNB in Frankfurt am Main zu sehen.

Weitere Informationen: DNB – Marcel Reich-Ranicki. Ein Leben, viele Rollen

*Nachweis Beitragsbild auf der Startseite:DNB/Hannah Heuper

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