Die DNB – eine gute geölte Maschine…

27. April 2023
von Joshua Göbel

Die Deutsche Nationalbibliothek mit ihren zwei Standpunkten in Leipzig und Frankfurt am Main ist die zentrale Archivbibliothek und Sammelstelle für alle in deutscher Sprache veröffentlichten Medienwerke1. Welche Arten von Medienwerken die DNB verpflichtet ist zu sammeln, um wie viele es sich dabei handelt und wie diese ihren Weg zur Deutschen Nationalbibliothek finden und dort archiviert werden, wird im Folgenden aufgezeigt.

Im Jahr 2011 betrug der Bestand der DNB rund 27 Millionen Medienwerke verteilt auf die beiden Standorte Leipzig und Frankfurt am Main. Mittlerweile ist er auf 46,3 Millionen (Stand Januar 2023) Medienwerke angewachsen, davon 12,3 Netzpublikationen, denn die DNB sammelt nicht nur physisch, sondern auch digital.

Der Bestand wächst stetig. Täglich erreichen die Deutsche Nationalbibliothek ungefähr 10.600 neue Medienwerke. Diese müssen formal und inhaltlich erschlossen, mit Metadaten angereichert, zur Archivierung mit einer Signatur versehen und in die Magazine geräumt werden, damit sie über den Online-Katalog recherchierbar sind. Im Jahr 2021 betrug der Zugang an Medienwerken 2,6 Millionen. Um dieser Fülle gerecht werden zu können, beschäftigt die DNB 628 Mitarbeiter*innen.

Was sammelt die Deutsche Nationalbibliothek?

Die Deutsche Nationalbibliothek ist eine rechtsfähige bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts. Ihre Verpflichtungen sind im Gesetz über die Deutsche Nationalbibliothek festgelegt und sie erhält ihren Etat in Höhe von derzeit ca. 59,2 Millionen Euro aus dem Haushalt der Staatsministerin für Kultur und Medien.

Das Gesetz über die Deutsche Nationalbibliothek verpflichtet diese, alle ab dem Jahr 1913 in Deutschland veröffentlichten Medienwerke sowie alle im Ausland auf Deutsch veröffentlichten Medienwerke zu sammeln. Auch muss sie alle im Ausland veröffentlichten Übersetzungen deutschsprachiger Medienwerke in andere Sprachen sammeln, ebenso wie im Ausland veröffentlichte Medienwerke über Deutschland. Zwischen 1933 und 1945 von deutschsprachigen Emigranten verfasste oder veröffentlichte Medien gehören ebenso zum Sammlungsgebiet und gehören zum Bestand des Deutschen Exilarchivs 1933 – 1945 mit der Anne-Frank-Shoah-Bibliothek in Leipzig. Außerdem gehören zur Deutschen Nationalbibliothek gehören außerdem das Deutsche Buch- und Schriftmuseum und das Deutsche Musikarchiv.

Unter Medienwerken versteht das Gesetz über die Deutsche Nationalbibliothek Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Karten, Musikalien, Normen, Musiktonträger und Hörbücher. Seit 2006 zählen auch Netzpublikationen wie E-Books, E-Journals und digitale Hörbücher zu den von der DNB zu sammelnden Medien.

Wie kommen die Medienwerke in die Deutsche Nationalbibliothek?

Es stellt sich die Frage, wie diese Fülle an Medienwerken ihren Weg in die Deutsche Nationalbibliothek findet. Da der Arbeits- sowie finanzielle Aufwand, jede Neuerscheinung in Deutschland zu finden und zu erstehen, die Möglichkeiten der DNB sprengen würde, gesteht das Gesetz über die Deutsche Nationalbibliothek ihr das Pflichtexemplarrecht zu. Dieses bestimmt, dass alle, die berechtigt sind, ein Medienwerk in Deutschland zu verbreiten oder es öffentlich zugänglich zu machen und einen Sitz oder eine Betriebsstätte in Deutschland hat, der Ablieferungspflicht untersteht, welche sich aus dem Pflichtexemplarrecht ableitet.

Vereinfacht gesagt sind Verleger*innen bzw. Produzent*innen eines der oben genannten Medienwerke in Deutschland dazu verpflichtet, dieses in zweifacher Ausführung der DNB unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Geschieht dies nicht, kann die DNB ihr Pflichtexemplarrecht mit einem mehrstufigen Mahnverfahren durchsetzen. Da es in Deutschland zwei Standorte der Nationalbibliothek gibt, müssen jeweils zwei Exemplare abgeliefert werden. Die Bearbeitung und Erschließung werden arbeitsteilig vorgenommen: In Leipzig werden alle Veröffentlichungen aus Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie alle Musik- und Tonträger bearbeitet, in Frankfurt am Main diejenigen aus den übrigen Bundesländern.

Organisieren und Archivieren. OPAC, Karteikarten und Kilometerweise Regale

Diese Menge an diversen Medienwerken ist die DNB verpflichtet zu sammeln, zu archivieren und zu erhalten. Um dies zu bewerkstelligen, bedarf es eines enormen Volumens an physischem sowie virtuellen Speicherraum.

Wenn man sich in den Lesesälen und öffentlich zugänglichen Räumen der DNB aufhält, fällt auf, dass von dieser Menge an Werken kaum etwas zu sehen ist. Dies liegt in der Natur der Archivbibliothek, die kaum frei zugänglichen Bestand hat, durch den Besucher*innen selbst stöbern dürfen.

Möchte man ein Buch in der DNB anschauen, so sucht man es sich im Rechercheportal (OPAC) heraus. Vor der Digitalisierung der Bibliothekskataloge in den 1990er Jahren erfolgte die Suche noch über einen Zettelkatalog. Alle Karteikarten – plus ergänzende Arbeitskarteien und Fortsetzungszettel für Periodika – befindet sich noch im Tiefenkeller der DNB und umfassen 27.800 Karteikästen gefüllt mit 25 Millionen gedruckter, handschriftlicher oder mit Schreibmaschine beschriebener Karteikarten.

Ist das gewünschte Medienwerk gefunden, wird es aus den Magazinen ausgehoben. Der Magazinbestand zieht sich hierbei über 413,49 Kilometer.

Die Deutsche Nationalbibliothek ist seit ihrer Gründung mit dem Problem des unaufhaltsamen Wachstums konfrontiert. Es gehört zu den schwierigen Aufgaben, die es zu bewältigen gibt, die immer größer werdenden Mengen an Medienwerken weiterhin so zu archivieren, dass sie sowohl auffindbar als auch nutzbar sind. Denn am Ende hat diese Archivierung nur einen Nutzen, wenn die archivierten Werke auch nutzbar sind, und dies sind sie wiederum nur, wenn sie auffindbar sind. 

  1. Als Teil des kulturellen Gedächtnisses Deutschlands sammelt die Deutsche Nationalbibliothek alles, was seit 1913 in Deutschland oder was im Ausland über Deutschland oder auf Deutsch veröffentlicht wird. (https://www.dnb.de/DE/Sammlungen/sammlungen_node.html) ↩︎

Joshua Göbel ist Masterstudent an der Universität Leipzig. Er hat seinen Bachelor in Jena über die Perspektive in der Fotografie am Bauhaus geschrieben.

Im Kontext seiner Kooperation mit der Wissenschaft hat das Deutsche Buch- und Schriftmuseum im Wintersemester 2022/23 einen Lehrauftrag an der Universität Leipzig durchgeführt, das sich unter dem Aspekt der Gestaltung, Funktionen und Ästhetiken des Speicherns mit der spannenden 111-jährigen Geschichte der DNB beschäftigt. Es ist eine in der Strategie der DNB fest verankerte Lehrkooperation, deren Ergebnisse zugleich Auskunft geben über 111 Jahre Bibliotheksgeschichte.

*Nachweis Beitragsbild auf der Startseite:Joshua Göbel

Schreibe einen Kommentar

Kommentare werden erst veröffentlicht, nachdem sie von uns geprüft wurden.
Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Über uns

Die Deutsche Nationalbibliothek ist die zentrale Archivbibliothek Deutschlands.

Wir sammeln, dokumentieren und archivieren alle Medienwerke, die seit 1913 in und über Deutschland oder in deutscher Sprache veröffentlicht werden.

Ob Bücher, Zeitschriften, CDs, Schallplatten, Karten oder Online-Publikationen – wir sammeln ohne Wertung, im Original und lückenlos.

Mehr auf dnb.de

Schlagwörter

Blog-Newsletter

In regelmäßigen Abständen erhalten Sie von uns ausgewählte Beiträge per E-Mail.

Mit dem Bestellen unseres Blog-Newsletters erkennen Sie unsere Datenschutzerklärung an.

  • ISSN 2751-3238