Zauberer der Worte – Thomas Mann

6. Juni 2025
von Petra Kuhlemann & Elke Jost-Zell

Ein großer Sohn Lübecks hat heute Geburtstag!

Ein schwarzweiss Bild des Schriftstellers Thomas Mann
Thomas Mann im Jahr 1929
Bild: Nobel Foundation

Am 06. Juni 2025 feiert die literarische Welt einen der wichtigsten Schriftsteller unseres Landes! An diesem Tag würde Thomas Mann, einer der größten und bedeutendsten Schriftsteller, Erzähler und Intellektuellen Deutschlands, seinen 150. Geburtstag begehen.

Geboren wurde er als Paul Thomas Mann in der norddeutschen Stadt Lübeck, deren gesamter Stadtbereich 1987 in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen wurde und die mit gleich zwei Söhnen der Stadt aufwarten kann, die einen Nobelpreis erhalten haben. Ein weiterer Nobelpreisträger war der Stadt an der Trave eng verbunden. Für seine drei Nobelpreisträger hat die ehemalige Hauptstadt der Hanse jeweils ein Museum und lebendiges Veranstaltungs- und Forschungszentrum eingerichtet.

Thomas Mann wurde am 06.06.1875 als zweiter Sohn des erfolgreichen und wohlhabenden Kaufmanns und Lübecker Senators für Wirtschaft und Finanzen Thomas Johann Heinrich Mann und dessen in Brasilien geborener Frau Julia geboren.

Er hatte noch einen älteren Bruder, den ebenfalls erfolgreichen Schriftsteller Heinrich Mann, den jüngeren Bruder Viktor und die Schwestern Julia und Carla.

1891 verstarb Thomas Manns Vater, der in seinem Testament den Verkauf der Firma und des Wohnhauses in Lübeck verfügt hatte. Die Zinsen aus dem Verkaufserlös standen seiner Familie als Lebensunterhalt zu.

Thomas Mann schloß 1894 die von ihm ungeliebte Schule mit der „Mittleren Reife“ ab und ging nach München, wohin seine Mutter mit seinen Geschwistern übergesiedelt war. Als er 1896 mit 21 Jahren volljährig wurde, ermöglichte ihm sein Anteil der Zinsen aus dem väterlichen Vermögen ein Dasein als Schriftsteller. In diesem Jahr folgte er seinem Bruder Heinrich für eine gewisse Zeit nach Italien, wo er die Novelle „Der kleine Herr Friedemann“ schrieb und seinen Roman „Buddenbrooks“ begann.

Buddenbrooks – der Weg zum Literatur-Nobelpreis

Der Verleger Samuel Fischer, der die große Begabung des jungen Autors schon früh erkannte, ermunterte den jungen Thomas Mann ausdrücklich zum Schreiben eines Romans.

Der Roman „Buddenbrooks“ entstand im Zeitraum zwischen 1896 und 1900.

Für dieses umfangreiche Werk mit biografischen Bezügen waren aufwendige Recherchen notwendig. Der Schriftsteller wertete viele Quellen aus, Gespräche, Papiere, Briefe, Urkunden, Belege über geschäftliche Verhältnisse und einiges mehr.

In diesem Gesellschaftsroman setzte der Schriftsteller seiner Heimatstadt Lübeck ein Denkmal. Auch Lübecks „schöne Schwester Travemünde“ kommt in diesem Werk zu ihrem Recht als das Paradies sorgloser und unbeschwerter Sommerferien, sowohl für den Schriftsteller Thomas Mann selbst als auch für die an ihn angelehnte Romanfigur Hanno, dem „das Herz schwer wird“ beim Abschied von Travemünde. Die Sommerferien sind vorbei – es wartet wieder die öde Schule in Lübeck.

Auch für Thomas Mann selbst waren die Sommerferien in dem schönen Badeort die, wie er 1930 schreibt, „lichtesten Zeiten seiner Jugend“.

Erzählt wird im Roman vom schleichenden Niedergang der wohlhabenden Kaufmannsfamilie Buddenbrook im Lübeck des 19. Jahrhunderts, die eine florierende Getreidegroßhandlung besitzt. Die Handlung des Romans beginnt, als sich die Familie auf dem Zenit ihres Erfolges befindet.

Doch jede Generation der Familie entfremdet sich mehr und mehr dem Ideal der tüchtigen, fleissigen und stetig nach oben strebenden Kaufmannsfamilie, die in der Lübecker Gesellschaft großes Ansehen genießt. Denn jede Generation verliert an Unternehmergeist, Lebenstüchtigkeit und Tatkraft, derweil die Vergeistigung – radikal verkörpert im letzten männlichen Spross der Familie, Hanno, zunimmt.

Den jeweiligen Firmenerben gelingt es immer weniger, Erfolg und Wohlstand zu mehren oder zumindest zu erhalten.

Während der Großvater noch „vierspännig über Land fuhr“ und ebenso wie sein Sohn äußerst geschäftstüchtig war, versucht sein Enkel Thomas die Größe und das Ansehen der Firma zu erhalten, was ihm zunehmend schwer fällt. Er tut dies auf Dauer gegen seine Gesundheit und zuletzt mit von seiner Schwester angeregten, verzweifelten und risikoreichen Spekulationsgeschäften, die sein Vater und Großvater so nicht getätigt hätten.

Obwohl er sich in allen gesellschaftlichen Kreisen Lübecks großer Anerkennung erfreut und sogar zum Senator der Stadt gewählt wird, ist der stetige Niedergang des Geschäfts nicht aufzuhalten.

Die Mehrung oder zumindest der Erhalt des Kapitals gelingt Thomas immer weniger, da sich seine Geschwister Antonie, Christian und Clara in Bezug auf das Geschäft ausschließlich auf ihn verlassen und auf verschiedenste Weisen dafür sorgen, dass das Kapital der Firma beständig schmilzt.

Thomas‘ Sohn Hanno, letzter Spross der Familie, schafft es schließlich nicht mehr, sich in die kaufmännische Tradition seiner Vorväter einzureihen. Der äußerst sensible Junge lebt nur für die Musik, leidet unter seiner fragilen Gesundheit und verstirbt jung an Typhus.

Mit seinem Tod endet diese Linie der Familie Buddenbrook endgültig. Bereits bevor er durch eine banale, aber falsch ausgeführte Zahnextraktion stirbt, weist Thomas testamentarisch die Auflösung der Firma an.

Buddenbrooks. Verfall einer Familie erschien am 26. Februar 1901 in 1000 Exemplaren im Fischer Verlag als zweibändige Ausgabe für 12 Mark, nachdem der Autor einer Bitte seines Verlegers bezüglich Kürzung des Romans nicht nachgekommen war.

1903 erschien die einbändige Ausgabe, die, nach der eher mäßigen Resonanz der zweibändigen Ausgabe, für den endgültigen Durchbruch und Bekanntheit des Schriftstellers sorgte. Sie erschien in doppelt so hoher Auflage für den halben Preis.

Am 10. Dezember 1929 wurde Thomas Mann in Stockholm für seinen ersten biographisch inspirierten Roman Buddenbrooks mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Die Jury begründete ihre Entscheidung damit, dass das Werk „im Lauf der Jahre eine immer mehr sich festigende Anerkennung als ein klassisches Werk der zeitgenössischen Literatur gewonnen hat.“

Mann war, um es vorsichtig auszudrücken, erstaunt, dass sich der Nobelpreis nur auf die Buddenbrooks bezog und der 1924 erschienene Roman Zauberberg nicht berücksichtigt wurde. Von den 200.000 Reichsmark Preisgeld kaufte er u. a. das Sommerhaus in Nidden auf der Kurischen Nehrung. Buddenbrooks wurde in annähernd 40 Sprachen übersetzt.

Eine Abbildung der Verbindungen des Werktiteldatensatzes für das Buch Buddenbrooks im GND-Explorer
Das Buch Buddenbrooks als Werkdatensatz im GND-Explorer
Foto: GND.network

Lübecker Rezeption der Buddenbrooks

Einige Protagonisten dieser Geschichte tragen Züge nicht nur von Manns Familienmitgliedern – so erkennt man z. B. in Hanno Buddenbrook den Schriftsteller selbst, in Gerda Arnoldsen die Mutter von Thomas Mann – sondern auch von Mitgliedern weiterer Lübecker Familien, die im Roman oft sehr ironisch und nicht sehr schmeichelhaft dargestellt wurden. Die gehobene Gesellschaft war entrüstet!

Es gab sogar Entschlüsselungslisten, die von Buchhandlungen an Kunden verliehen wurden und in denen die Romanfiguren ihrem realen Pendant zugeordnet werden konnten.

Lange war deshalb das Verhältnis vieler Lübecker Bürger und der Stadt Lübeck zu ihrem berühmten Sohn von Verwerfungen geprägt.

Er galt vielen als „Nestbeschmutzer“ seiner Heimatstadt, die im Roman zwar detailliert dargestellt wird, deren Namen aber an keiner Stelle ausdrücklich fällt.

Es werden allerdings diverse Lübecker Örtlichkeiten benannt, z.B. die Mengstrasse 4, in der sich das Familienhaus der Familie Buddenbrook bzw. der Familie Mann befindet, die Speicher an der Trave, die Namen wie „Walfisch“, „Löwe“ oder „Eiche“ trugen, die Fischergrube, in der das neu erbaute Haus von Thomas Buddenbrook steht und sich der Blumenladen seiner Jugendliebe Anna befindet, das verhasste Katharineum, das Rathaus, die Breite Straße, die Beckergrube und der Mühlenteich.

Das Buddenbrookhaus in Lübeck im Abendlicht
Buddenbrookhaus in der Mengstraße in Lübeck
Bild: Andreas Geick, CC BY-SA 4.0

Lübeck und seine Nobelpreisträger

Die Stadt Lübeck bietet mit einem „Nobelpreisträger-Stadtspaziergang“ einen Rundgang zu Orten an, die in enger Verbindung mit ihren drei Nobelpreisträgern stehen.

Das nach dem Krieg sanierte Buddenbrookhaus, Heinrich- und Thomas-Mann-Zentrum, in der Mengstrasse 4 ist das Haus von Thomas Manns Großeltern und seit 1993 eine Gedenkstätte und ein Veranstaltungs- und Forschungszentrum in Trägerschaft der Kulturstiftung Hansestadt Lübeck. Zurzeit wird es umgebaut und voraussichtlich 2029 oder 2030 seine Pforten wieder öffnen. Manchmal als „begehbarer Roman“ bezeichnet, beschäftigt es sich intensiv mit der illustren Familie Mann. In seiner Beletage läßt es die Zeit und Atmosphäre der Buddenbrooks im Rahmen der Dauerausstellung Die Buddenbrooks – ein Jahrhundertroman wiedererstehen.

Das Buddenbrookhaus, Heinrich-und-Thomas-Mann-Zentrum bietet diverse Angebote an, mit denen man sich mit der Familie Mann in Lübeck vertraut machen kann, so z. B. eine „Literarische Stadtführung durch das Lübeck Heinrich und Thomas Manns“, einen „Literarischen Spaziergang in Travemünde“, eine „Literarische Fahrradtour“ durch Lübeck und einen Audio-Guide, mit dem man im heutigen Lübeck mit seinen schönen Backsteinhäusern und pittoresken, kleinen Gassen und verwunschenen Höfen in literarischer Begleitung von Thomas, Tony und Christian Buddenbrook die wichtigsten Orte der  Buddenbrooks wie das Buddenbrookhaus, St. Marien, das Stadttheater, den Blumenladen von Thomas erster Liebe, die Speicher an der Trave, die verhasste Schule Katharineum und weitere Orte besuchen kann. 

Doch Lübeck hat wie erwähnt einen weiteren Nobelpreisträger hervorgebracht. Neben Thomas Mann wurde der SPD-Politiker und spätere Bundeskanzler (1969-1974)  Willy Brandt als Herbert Ernst Karl Frahm am 18.12.1913 in Lübeck geboren. Wie auch Thomas Mann zählt er zu den Emigranten, die vor Hitlers Deutschland ins Ausland flüchten mussten.

1971 erhielt er den Friedensnobelpreis für seine damals neue Ostpolitik, die unter dem Motto „Wandel durch Annäherung“ einen Kurs der Entspannung mit der Sowjetunion und anderen Ostblockländern einleitete. Ein ikonisches Foto Willy Brandts ist sein Kniefall am Ehrenmal für die Helden des Warschauer Ghettos. Diese Geste, die sich in die Geschichtsbücher schrieb, ereignete sich am 07. Dezember 1970 während seines Staatsbesuches in Warschau. Willy Brandt sank während einer Kranzniederlegung am Ehrenmal unerwartet in die Knie, was seitdem als eine Bitte um Vergebung für die deutschen Verbrechen während des Zweiten Weltkriegs verstanden wird.

Das Willy Brandt-Haus in der Königstraße 21 in Lübeck, eine Außenstelle der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung, ist ein Museum und Gedenkstätte für den großen Staatsmann.

Ein weiterer Nobelpreisträger kam zwar nicht in Lübeck zur Welt, lebte aber ab 1987 bis zu seinem Tod in Behlendorf im Kreis Herzogtum Lauenburg, circa 25 Kilometer von Lübeck entfernt – Günter Grass. In dieser Zeit hatte der Schriftsteller und Künstler sein Büro in der Altstadt Lübecks und in Lübeck verstarb er auch 2015.

Das Günter Grass-Haus in der Glockengießerstrasse 21 widmet sich dem am 16.10.1927 in Danzig geborenen Schriftsteller, der 1999 den Nobelpreis für Literatur erhalten hatte. Dieses Museum und Veranstaltungszentrum befindet sich in der Trägerschaft der Kulturstiftung Hansestadt Lübeck.

Nebenbei bemerkt schrieb Grass, abgesehen von seinen weltberühmten Romanen wie Die Blechtrommel, Im Krebsgang, Der Butt, Hundejahre, Ein weites Feld sowie Erzählungen und Gedichte auch Reden für den oben erwähnten SPD-Politiker Willy Brandt.

Der politische Thomas Mann

Werke wie die Romane Buddenbrooks, Der Zauberberg, Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull, die Romantetralogie Joseph und seine Brüder, Doktor Faustus, die Novellen und Erzählungen Tonio Kröger, Der Tod in Venedig, Mario und der Zauberer, um nur wirklich sehr wenige zu nennen, begründeten den Weltruhm Thomas Manns.

Nach seinem Tod im Jahr 1955 hinterließ Thomas Mann ein Oeuvre aus Romanen, Erzählungen und Novellen aber auch Artikeln, Essays, Tagebüchern, Interviews sowie seine Rundfunkansprachen an die „Deutschen Hörer“, die während des Zweiten Weltkriegs von der BBC in das Dritte Reich gesendet wurden.

Auf dem Vorplatz der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main hat das Deutsche Exilarchiv 1933-1945 am 17.12.2019 eine Hörstation zum Thema Exil eingeweiht.

„Neben einem Text zum Exil zwischen 1933-1945 und zur Dauerausstellung des Deutschen Exilarchivs enthält die Hörstation einen Auszug aus einer Radioansprache Thomas Manns, der Deutschland 1933 verlassen hatte. […] Mit Vorträgen und Rundfunkreden warb Mann eindringlich für einen engagierten Widerstand gegen Hitler. Ab 1940 richtete er seine scharfen Appelle auch an die Deutschen selbst. Die BBC in London sendete seine Rundfunkreden „Deutsche Hörer!“ direkt nach Deutschland“, heißt es auf der Webseite der DNB.

In diesen Ansprachen erkennt man in dem weltberühmten Schriftsteller einen scharfsinnigen politischen Denker und unerbittlichen Gegner des Nationalsozialismus, der bereits Anfang der Dreißiger Jahre vor dem Nationalsozialismus warnte und später aus seinem kalifornischen Exil eindringlich an Vernunft und Humanität seiner Landsleute appellierte.

Aus einem ehemals reichstreuen Konservativen, der der westlichen Demokratie zunächst eher skeptisch gegenüberstand und dies in im Zuge des ersten Weltkriegs geschriebenen Betrachtungen eines Unpolitischen auch deutlich öffentlich artikulierte, war bis zu Beginn der 1920er Jahre ein überzeugter Demokrat geworden. Die Ermordung des Reichsaußenministers Walther Rathenau 1922 wurde für ihn zu einem wichtigen Auslöser, sich für die Weimarer Republik und parlamentarische Demokratie einzusetzen. Er blieb bis zum Ende des Dritten Reiches einer seiner wichtigsten, schärfsten und prominentesten Gegner.

Der Emigrant Thomas Mann

Schon 1933 war Thomas Mann mit seiner Frau Katia nach einer Lesereise, von der sie nie mehr in das Münchner Haus der Familie zurückkehren sollten, emigriert. Er hatte 1905 Katia Pringsheim, eine junge Frau aus einer wohlhabenden und angesehenen Münchener Familie, geheiratet. Das Paar hatte sechs Kinder, von denen vier, Klaus, Golo, Erika und Monika, ebenfalls schriftstellerisch tätig waren. Die jüngste Tochter, Elisabeth Mann Borgese wurde Seerechtsexpertin und Ökologin. 1970 war sie Gründungsmitglied des Club of Rome. Der jüngste Sohn, Michael, war Musiker und Literaturwissenschaftler.

Die erste Station des Mannschen Exils war Sanary-sur-Mer in Frankreich, danach reiste die Familie nach Küsnacht in die Schweiz. Dort nahm Thomas Mann 1936 die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft an, 1938 erhielt er nach der Ankunft in den USA die amerikanische.

Das langjährige Zuhause der Manns in Pacific Palisades, Kalifornien, wurde 2016 vom Auswärtigen Amt für die Bundesrepublik gekauft und dient seit 2018 als lebendige transatlantische Begegnungsstätte. Es ist ein Ort des intellektuellen Austauschs über wichtige Themen der Gegenwart und Zukunft und ein wichtiger Erinnerungsort an das Exil.

Glücklicherweise kann das von den verheerenden Bränden rund um Los Angeles im Jahr 2024 betroffene, aber weitgehend verschonte Thomas Mann House pünktlich zum 150. Geburtstag des Schriftstellers seinen Betrieb wiederaufnehmen.

Ein schwarz-weiß-Foto von Thomas Mann mit der Widmung: „Herrn Eric Schaal, | meinem besten Porträtisten | zur Erinnerung | New York 21.IV.37 | Thomas Mann“
Portraitfoto von Thomas Mann aus dem Nachlass des Fotografen Eric Schaal mit einer persönlichen Widmung des Literaturnobelpreisträgers
Bild: Deutsches Exilarchiv 1933-1945 der Deutschen Nationalbibliothek, Nachlass Eric Schaal, EB 2003/051, © Wallstein Verlag, Göttingen

Das Deutsche Exilarchiv, DEA, in der Deutschen Nationalbibliothek

In den Sammlungen der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main und Leipzig findet man mit einer einfachen Suche über 15600 Medienwerke von und über Thomas Mann. Über die Familie Thomas Manns gibt es immerhin 145 Medienwerke.

In der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main ist ein bedeutendes Archiv angesiedelt, das 1948 von ihrem Gründungsdirektor Hanns W. Eppelsheimer gemeinsam mit exilierten Publizist*innen und Schriftsteller*innen als eine „Bibliothek der Emigrationsliteratur“ aufgebaut wurde.

Die Werke von Thomas Mann sind ein wichtiger Bestandteil dieser kostbaren Sammlung. Heute heißt sie Deutsches Exilarchiv 1933-1945, DEA, und gehört zu den gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen, die Zeugnisse der deutschsprachigen Exilanten sammeln, archivieren und zugänglich machen. Eine wichtige Aufgabe des DEA besteht in der kulturellen Vermittlungsarbeit, die es durch Wechselausstellungen, einem Veranstaltungsprogramm, Führungen und einer Dauerausstellung mit Leben füllt.

In den Exilsammlungen im Katalog der DNB finden wir von Thomas Mann die verschiedensten Medienwerke, nicht nur seine im Exil entstandenen Bücher, sondern auch Fotos, Autographen, Briefe, Persönliches. Die gesamte Familie Mann ist immer wieder in Ausstellungen und Lesungen des Deutschen Exilarchivs vertreten, wie in der Ausstellung Die Kinder der Manns – Ansichten einer Familie aus dem Jahr 2006, an der auch das Buddenbrookhaus Lübeck beteiligt war, einer Buchvorstellung aus der Familienbiografie Das Jahrhundert der Manns im Jahr 2016 oder der virtuellen Lesung Viellieber Zauberer – Liebes Erikind, in der Irmela von der Lühe und Uwe Naumann aus dem Briefwechsel von Thomas Mann und seiner Tochter Erika rezitieren. Auch in der DEA-Dauerausstellung Exil. Erfahrung und Zeugnis ist Thomas Mann mit mehreren Exponaten vertreten.

Zurück nach Europa

Die USA, ihre langjährige Heimat im Exil, wurde den Manns in der zweiten Hälfte der 1940er Jahre aus politischen Gründen im Zuge der Verfolgung „unamerikanischer Umtriebe“ unter Senator McCarthy fremd. Das Gleiche galt jedoch auch für ihre ursprüngliche Heimat Deutschland.

Hierher kam das Ehepaar Mann erstmals 1949 anlässlich der Feiern zu Goethes 200. Geburtstag zurück. Sie statteten Frankfurt am Main, Weimar, Stuttgart und München Besuche ab. In Frankfurt erhielt Thomas Mann den westdeutschen Goethe-Preis und in Weimar den ostdeutschen Goethe-Nationalpreis.

1952 kehrte die Familie Mann endgültig nach Europa zurück, wiederum in die Schweiz.

Nach einem Aufenthalt in Erlenbach ließen sie sich 1954 endgültig in Kilchberg bei Zürich nieder. 1953 besuchten die Manns erneut Deutschland, in Weimar nahm Thomas Mann die Ehrenpräsidentschaft der Deutschen Schillerstiftung in Weimar an. Außerdem unternahm er eine Reise durch Norddeutschland einschließlich eines Kurzbesuchs in Travemünde, seinem Sommerferienkindheitsparadies, welches er in vielen seiner Werke zu literarischem Leben erweckt.

In einem nur kurzen Aufenthalt in Lübeck ließ er sich gemeinsam mit seiner Frau Katia vor den Ruinen des Mannschen Hauses in der Mengstraße fotografieren.

1955 besuchte er im Rahmen einer erneuten Deutschlandreise zum letzten Mal Travemünde und seine Heimatstadt Lübeck. Diesmal hatte die Stadt ihn eingeladen, um ihm eine späte Würdigung zuteil werden zu lassen – die Verleihung ihrer Ehrenbürgerwürde. Diese späte Ehrung nahm er gemeinsam mit seiner Ehefrau Katia entgegen.

Für Mann war dies, wie er später in einem Brief schrieb, „der harmonische Abschluß eines lange Zeit von Seiten der Stadt recht schwankenden und problematischen Verhältnisses“.

Der Schriftsteller verstarb noch im gleichen Jahr in Kilchberg bei Zürich, 25 Jahre vor seiner Frau Katia.

Schriftstellerglück

Über das Schreiben dachte dieser große Schriftsteller immer wieder nach.

„Ein Schriftsteller ist jemand, für den das Schreiben schwieriger ist als für andere Menschen“, so befand Thomas Mann.

Weitere Gedanken über sein Schreiben finden wir in dem Buch Der Tod in Venedig:

„Es ist sicher gut, dass die Welt nur das schöne Werk, nicht auch seine Ursprünge, nicht seine Entstehungsbedingungen kennt; denn die Kenntnis der Quellen, aus denen dem Künstler Eingebung floss, würde sie oftmals verwirren, abschrecken und so die Wirkungen des Vortrefflichen aufheben.“

Als das schönste Zitat über das Schreiben befinden wir jedoch dieses: „Glück des Schriftstellers ist der Gedanke, der ganz Gefühl, ist das Gefühl, das ganz Gedanke zu werden vermag.“

Der Personendatensatz von Thomas Mann mit seinen Verbindungen im GND-Explorer
Der Personendatensatz von Thomas Mann mit seinen Verbindungen im GND-Explorer
Foto: GND.network

Petra Kuhlemann & Elke Jost-Zell

Petra Kuhlemann und Elke Jost-Zell sind als Bibliothekarinnen und Autorinnenteam für die Deutsche Nationalbibliothek tätig

*Nachweis Beitragsbild auf der Startseite:Nobel Foundation

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  • ISSN 2751-3238