1962: 50 Jahre Deutsche Nationalbibliothek?
Als die Deutsche Bücherei sich selbst zur Deutschen Nationalbibliothek berufen wollte und die Deutsche Bibliothek nicht einverstanden war.
1962 beging die Deutsche Bücherei in Leipzig ihr 50. Gründungsjubiläum. Am 25. September 1912 hatte der Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig unter wesentlicher Förderung durch die Stadt Leipzig und das Königreich Sachsen die Gründung des Archivs der deutsch- und fremdsprachigen Literatur des Inlands und der deutschen Literatur des Auslands bekanntgemacht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg unter sowjetischer Militäradministration, zu Beginn des Kalten Krieges, wurden die Sammlungspolitik und die Verzeichnung deutscher Druckwerke in der Deutschen Bücherei in Leipzig so offenkundig ideologisiert, dass die amerikanische Militäradministration in Frankfurt am Main die Gründung der Deutschen Bibliothek als Gegenpol förderte. Nach deren Auf- und Ausbau konkurrierten die beiden Einrichtungen mit möglichst umfassenden Bücherverzeichnissen und bei Messeauftritten um das Renommee als gesamtdeutsche Institutionen auch im Verhältnis zu den alten, starken Staats- und Landesbibliotheken.
Zu dieser Zeit unterstrich die Hallstein-Doktrin (https://de.wikipedia.org/wiki/Hallstein-Doktrin) den Alleinvertretungsanspruch der westdeutschen Republik als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches.
In dieser Situation beschrieb Klaus Gysi, seinerzeit Vorsteher des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, im Geleitwort zur Festschrift der Deutschen Bücherei (https://d-nb.info/57587676X) deren Stellung als Deutsche Nationalbibliothek gerade gegenüber „einer sogenannten Deutschen Bibliothek in Frankfurt a. Main“ (S. XIX/ XX). Das wollten die Frankfurter nicht hinnehmen. Wohl verbunden mit der Drohung, die Belieferung der Deutschen Bücherei mit westdeutschen Publikationen einzustellen, intervenierte der Frankfurter Generaldirektor Kurt Köster beim Leipziger Kollegen Helmut Rötzsch. Das hatte den gewünschten Erfolg, die Deutsche Bücherei besann sich wieder auf ihren guten, alten Namen.
Erst nach der Zusammenführung der beiden Häuser im wiedervereinigten Deutschland bekamen sie – ohne die großen wissenschaftlichen Sammlungen in den Bundesländern und in Fachbibliotheken zu überformen – die nun gemeinsame Funktionsbezeichnung als Deutsche Nationalbibliothek (http://www.gesetze-im-internet.de/dnbg/__1.html). Schon 1991 erschien die erste gemeinsame „Deutsche Nationalbibliographie“. Diese Nationalbibliothek feiert nun fröhlich ihr 111-jähriges Jubiläum als aktives kulturelles Gedächtnis!
111-Geschichten-Redaktion
Zum 111. Jubiläum haben wir, die Beschäftigten der Deutschen Nationalbibliothek, in Erinnerungen und Archiven gestöbert. Von März bis November präsentieren wir hier 111 Geschichten aus der Deutschen Nationalbibliothek.