Game of Thrones, Goethes Faust und die Genfer Konventionen

23. April 2022
von Elke Jost-Zell und Viola Hofmann

Werke in der Gemeinsamen Normdatei GND

Das Werk – kein Buch mit sieben Siegeln

Werke in der GND
Gedichte, Gesetze, Romane, Dramen, Bilder, Lieder, Kompositionen, Spiele – Werke in der GND tragen viele Gesichter!
Grafik: Elke Jost-Zell, Deutsche Nationalbibliothek, CC BY SA 3.0

Was ist ein Werk? Bibliothekar*innen verstehen darunter eine individuelle intellektuelle oder künstlerische Schöpfung. Dies kann der Inhalt eines Buches, ein Manuskript, Filmwerk, eine dramaturgische Umsetzung, Installation oder Vertonung, ein Bild, juristisches Werk oder Kunstwerk sein. Selbst ein Spiel kann ein Werk sein. Wird Literatur über ein Werk geschrieben, erstellen wir bei der Erschließungsarbeit einen Normdatensatz in der GND dafür. Diesen Werktiteldatensatz verlinken wir mit Büchern über dieses Werk und machen es so im Bibliotheksportal auffindbar. Naht der Winter und ein Fantasy-Freund schreibt ein Buch über seine Lieblingsserie Game of Thrones, oder werkelt eine Juristin an einer bibliophilen Betrachtung über das „Gesetz über die Deutsche Nationalbibliothek“, so findet man diese nicht nur über eine Autor*in- und Titelsuche, sondern auch unter dem Werktitel im Bibliothekskatalog. Normdatensätze für Werke nutzt man aber nicht nur für die inhaltliche Erschließung von Büchern über die Werke selbst, sondern verlinkt sie auch mit ihren verschiedenen Ausgaben. So führen wir sie alle unter einem Dach zusammen und machen sie damit besser suchbar.

„Sein oder Nichtsein?“

Starten Nutzer*innen eine Werktitelsuche zu „Hamlet“, finden sie glücklicherweise nichts Faules im Staate Dänemark, sondern Erstaunliches im Bibliotheksportal: dort ist nicht nur das berühmte Drama „Hamlet“ von goode olde William Shakespeare aufgeführt, sondern auch eine Oper, eine Lithografie, ein Schauspiel, ein Roman von Alfred Döblin, ein Lesetest für die 3. und 4. Schulklasse, ein Ballett und ein Violinkonzert. Außerdem jede Menge großes Kino, von dem Stummfilm-Hamlet aus dem Jahr 1921 über den Klassiker von und mit Laurence Olivier, zur wildromantischen Version Franco Zeffirellis mit Mel Gibson, der martialischen Verfilmung von Kenneth Branagh mit ihm selbst bis hin zum supermodernen Hamlet der Jahrtausendwende von Michael Almereyda mit Ethan Hawke in der Rolle des tragischen Prinzen.

Bezauberndes Bibliotheksportal

Sehr vielseitig sind Werke der Musik suchbar. So gibt es zum Thema „Die Zauberflöte“ nicht nur das gesamte Opernwerk von Wolfgang Amadeus Mozart und Emanuel Schikaneder, sondern auch die gesamte Gefühlswelt der einzelnen Arien als Werktitel im Bibliotheksportal, von den Gesängen „Bei Männern, welche Liebe fühlen“ und „Bewahret euch vor Weibertücken“ über „Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen“ und „Hm! Hm! Hm!“ bis hin „Zum Leiden bin ich auserkoren“. Mit den Werktitel-Datensätzen sind Datensätze für konkrete Medienwerke wie CDs, Schallplatten, Computermedien, Noten oder Bücher verknüpft, die man in den Lesesälen oder Musiklesesälen der Bibliothek entspannt als Ohren- oder als Augenschmaus genießen kann.

Universales in der Universalbibliothek

Ob unsere Bibliotheksnutzer*innen Literatur über das malerische Lächeln der Mona Lisa von Leonardo da Vinci suchen, oder verbissen das Romantische in Stephenie Meyers „Twilight“-Saga erforschen, ob sie einen Osterspaziergang in Goethes großartigem „Faust“ unternehmen und danach Mephistos Teufeleien auf die Richtlinien der Genfer Konventionen untersuchen, ob sie wunderbar Sonderbares wie „Schweinebraten und Karotten“ (mitnichten etwas Kulinarisches, sondern ein modernes Musikstück für Singstimme und Klavier) entdecken oder über herrlich Verzwicktes wie das Katalogisierungswerk für die Kulturwelt, Resource Description and Access (RDA) brüten – Werktitel sind keine Bücher mit sieben Siegeln, sondern ganz nahe an des Pudels Kern.

*Nachweis Beitragsbild auf der Startseite:Grafik: Elke Jost-Zell, Deutsche Nationalbibliothek, CC BY SA 3.0

4 Kommentare zu „Game of Thrones, Goethes Faust und die Genfer Konventionen“

  1. Arno Barnert (Weimar), Karin Schmidgall (DLA Marbach) sagt:

    Vielen Dank für den wichtigen Beitrag zum Thema Werke in der GND.

    Wer literarische Werknormsätze in Aktion sehen möchte empfehlen wir den Katalog des DLA Marbach. Beispiel: https://www.dla-marbach.de/find/opac/id/AK00041823/ Hintergrundinformationen finden Sie im Info-Wiki https://wdv-teamwork.dla-marbach.de/news/34

    Seit dem 1. März 2020 erschließt das Kooperationsprojekt „Werktitel als Wissensraum“ des Deutschen Literaturarchivs Marbach und der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar zentrale Werkbeziehungen der neueren deutschen Literatur in der GND, Werktitel ab dem Erscheinungsjahr 1700 werden systematisch bearbeitet. Nicht zuletzt möchte das Projekt eine Datengrundlage für Untersuchungen zum literarischen Kanon und zur Rezeption literarischer Werke schaffen. Weitere Informationen finden Sie unter https://wiki.dnb.de/display/GNDCON/MiniCon+-+Literatur+-+Dokumentation+-+Werktitel+als+Wissensraum

    1. Elke Jost-Zell sagt:

      Herzlichen Dank für den freundlichen Kommentar und die interessanten Infos über die Aktivitäten und auszugrabenden Literatur-Schätze in Sachen Werktitel und Werknormdatensätze des Deutschen Literaturarchivs Marbach und der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar!

  2. Ninon Franziska Frank sagt:

    Was für ein schön geschriebener Beitrag! Danke dafür!

    1. Elke Jost-Zell sagt:

      Vielen Dank für den freundlichen Kommentar! Darüber freuen wir uns sehr!

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  • ISSN 2751-3238