Mumien in der DNB?!

31. Oktober 2023
von Elke Jost-Zell

Kurioses aus dem Büchermagazin und den Metadaten der GND

Ein wohlgehütetes Geheimnis ist, dass wir auch Mumien in der Deutschen Nationalbibliothek beherbergen. Das wussten Sie nicht?

Denken Sie bei Mumien nun an altägyptische Celebrities wie Ramses II oder Tutanchamun, die im Tal der Könige ihre letzte Ruhe fanden oder im Ägyptischen Museum in Kairo liegen? An Mumien, die Jahrtausende lang im Wüstensand träumen, um als Filmmonster durch Movie Magic in Gestalt von Boris Karloff oder Arnold Vosloo über Kinoleinwände zu geistern?

Oder halten Sie es gar für möglich, dass vergessene oder verloren gegangene Bibliothekar*innen auf geheimnisvollen Wegen ins Büchermagazin der DNB gelangten und nun ihr Unwesen im Bibliotheksgebäude treiben? Halloween ist ja ganz nah …

Weit gefehlt! Die Mumien der DNB sind sowohl auf Papier vorhanden als auch digital als Metadaten der Gemeinsamen Normdatei, GND, verewigt!

Von den gedruckten „Mumien“ sprechen wir Bibliothekar*innen salopp, wenn Bücher und Zeitschriften in einem so bedauernswert schlechten Zustand sind, dass wir sie nicht mehr für die Benutzung im Lesesaal zur Verfügung stellen können. Gründe dafür können Papierzerfall sein, wenn der Zahn der Zeit an mangelhafter Papierqualität nagt, Befall durch Mikroorganismen, Tierfraß (der berühmt-berüchtigte Bücherwurm?), Feuchtigkeitsschäden oder übermäßige Beanspruchung. Diese Bücher und Zeitschriften benötigen unsere konservatorische Aufmerksamkeit und Schonung. Aus Bestandserhaltungsgründen digitalisieren wir sie und erstellen einen Titeldatensatz für die digitale Kopie. Diese zeigen wir im Bibliothekskatalog an, und Benutzer*innen können das entstandene Digitalisat unter Berücksichtigung des Urheberschutzes im Lesesaal einsehen. Die „Mumien“ selbst bleiben im Büchermagazin und stehen nicht mehr für die Lesesaalbenutzung zur Verfügung. Sie würden gerne einen Blick auf eine solche Mumie erhaschen?

Nein, natürlich sehen unsere Mumien anders aus … Zum Beispiel unser leider ramponiertes Exemplar Die Bakchen von Euripides. Hier der Link auf den Datensatz in unserem Portal: https://d-nb.info/1099927234

Sie können natürlich das ganze Buch durchblättern.

Aber wir haben noch eine andere Art von Mumien – Metadatensätze in der Gemeinsamen Normdatei GND!

Erscheint ein Buch oder anderes Medienwerk über eine Person, die als Mumie von sich reden macht, so verknüpfen wir Bibliothekar*innen den Datensatz für die Person mit dem Sachschlagwort Mumie. Dies gilt für alle individualisierten Hominidenfunde wie Gletscherleichen, z. B. Ötzi (3300 v. Chr.), der auch unter den Namen Mann vom Hauslabjoch, Mann aus dem Eis, Similaunmann und Frozen Fritz bekannt ist und Moorleichen wie den Lindow-Mann (1. Jahrhundert) und den recht jugendlichen Bockstensmann, dessen Lebenszeit um die Zeit des Hochmittelalters 1300 – 1500 datiert ist. Aber es gibt nicht nur menschliche Mumien, sondern auch tierische – in der GND finden wir Datensätze für die Ibismumie, die Falkenmumie, die Ochsenmumie und – jetzt wird es spannend – die Spitzmausmumie! Werden weitere Mumien gefunden und darüber Bücher geschrieben, gleich, ob es sich um einen altägyptischen Pharao oder seine Lieblingskatze handelt, legen wir auch für sie neue Datensätze an.

Datensätze rund um Mumien finden wir auch für Filmwerke. Der berühmte Hollywoodfilm The Mummy aus dem Jahr 1932 mit Boris Karloff als Mumie, aber auch die modernere Verfilmung The Mummy returns mit Brendan Fraser als Mumien-Jäger haben Werktitel-Datensätze, mit denen Literatur über sie umwickelt, pardon, verlinkt ist. Und mit dem beruhigenden Gefühl, dass das semantische Netz der GND immer weiter gewebt wird, geduldig und beharrlich wie das seidene Netz einer gigantischen Spinne, warten wir, dass sich Ihnen die Nackenhaare sträuben und Sie eine wohlige Gänsehaut verspüren. Genau zur rechten Zeit, um Ihnen ein glorios gruseliges All Hallow’s Even, oder Halloween zu wünschen!

Elke Jost-Zell

Elke Jost-Zell ist als Bibliothekarin, GND-Redakteurin und Autorin in der Abteilung Inhaltserschließung sowie für die AG Nachhaltigkeit der Deutschen Nationalbibliothek tätig.

*Nachweis Beitragsbild auf der Startseite:Zeichnungen: Elke Jost-Zell

2 Kommentare zu „Mumien in der DNB?!“

  1. Beatrix Kramlovsky sagt:

    Büchermumien!!!! Wie wunderbar! ich habe gleich meine Regale duchgecheckt und der einzige Band, der Chancen hat, in den nächsten Jahrzehnten diese Bezeichnung zu verdienen, ist die englische Shakespeare-Gesamtausgabe, die mir meine Tante 1973 geschenkt hat. Ihr Vater hat sie ihr 1940 geschenkt, ihre Großmutter hatte das Buch in England um 1925 herum antiquarisch erstanden, da fehlte bereits das Vorblatt und dafür hatte ein Mensch mit buchhalterischen Neigungen zwei leere Seiten mit Zahlenlisten gefüllt. Ein jugendlicher Großonkel hat es in den Dreißigern schlecht behandelt – und ich liebe es trotz seiner Makel und der Flecken auf dem dünnen Gebetsbuchpapier. Es ist nicht das älteste meiner Bücher, aber das am kontinuierlich zerlesenste, und ich bastle jetzt eine goldene Papierkronenschleife, damit meine Buchmumie glänzt.

  2. Patrick Bergmann sagt:

    Das ist wirklich interessant zu wissen, was alles unter dem Begriff Mumie katalogisiert wird. Dass jetzt Menschliche Leichen als Mumie in der DNB liegen hätte ich nicht gedacht, aber dass damit unter anderem Büchermumien gemeint sein könnten, kam ich auch nicht drauf.

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