Dem Buchkünstler Otto Rohse zum 100. Geburtstag
Am 2. Juli 1925, vor genau 100 Jahren, wurde Otto Rohse geboren, einer der bedeutendsten deutschen Buchkünstler des 20. Jahrhunderts. Seine privat betriebene Otto Rohse Presse verkörperte das Ideal des Künstlers, der sämtliche Aspekte des Buches selbst gestaltet – vom Schriftsatz über Graphik, Papier und Druck bis hin zum Einband.

Geboren und aufgewachsen in Ostpreußen, zeigte er schon als Schüler eine künstlerische Neigung, die er nach dem Zweiten Weltkrieg mit einem Studium in Hamburg fortsetzte. Die Freie und Hansestadt sollte Mittelpunkt seines Lebens bleiben. Eigene Buchgestaltungen übernahm Rohse ab 1953 und machte sich 1956 selbständig. Für die Graphik blieben ihm über Jahrzehnte hinweg Holzstich (eine besondere Form des Holzschnitts) und Kupferstich die bevorzugten Ausdrucksmittel.

Seit 1964 gab Rohse in seiner Privatpresse klassische literarische Texte mit eigenen Graphiken und in höchster Vollendung der Buchform heraus. Mit diesen vielfach preisgekrönten Pressendrucken (2002 schließlich der Gutenberg-Preis) entwickelte er in der Nachkriegszeit, als die Massenproduktion von Büchern neue Ausmaße erreichte, den hohen Anspruch der Buchkunstbewegung der Jahrhundertwende weiter.
Zeit seines Lebens arbeitete Otto Rohse mit zahlreichen Künstlern zusammen, darunter mit dem Graphiker und Schriftkünstler Werner Bunz. 30 Jahre lang gab er die Zeitschrift Sigill: Blätter für Buch und Kunst heraus. Seine Arbeiten schmückten bibliophile Bände für Buchgesellschaften wie die Maximilian-Gesellschaft oder die Büchergilde Gutenberg, aber auch Gedichtbände, Kinderbücher, Kalender, Schulbücher und kirchliche Gesangbücher. Für die Grillen-Presse Richard von Sichowskys betreute er den letzten, posthumen Druck.



Einer breiten Öffentlichkeit wurde Rohse ab den 1960ern vor allem durch seine Briefmarken bekannt, die über Jahrzehnte das Bild der Bundesrepublik im In- und Ausland prägten. Seine Motive aus der Architekturgeschichte von West und Ost überwanden symbolisch die Deutsche Teilung (wenn auch von der DDR scharf kritisiert). Mit seinen Naturschutzmarken gab Rohse dem zunehmenden Umweltbewusstsein ein Gesicht. Egal ob hohe Buchkunst für den kleinen Kreis oder Gebrauchsgraphik zur massenhaften Verwendung – in beidem ließ Rohse höchste künstlerische Ansprüche walten.

Otto Rohse starb 2016 in Hamburg. Zu seinem 100. Geburtstag zeigt das Deutsche Buch- und Schriftmuseum eine dauerhafte virtuelle Ausstellung (siehe hier), die mit zahlreichen Exponaten aus Familienbesitz und der Sammlung des Museums einen reich bebilderten Einblick in das Leben und Werk des Künstlers bietet. Wir danken an dieser Stelle den Erben für die freundliche Unterstützung und die gute Zusammenarbeit.
Eine kleine Auswahl der DBSM-Sammlung Otto Rohse ist zudem ab dem 07.07.2025 im Museumslesesaal der DNB Leipzig zu besichtigen.