Praktikum auf der grünen Insel
Während meiner Ausbildung zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste in der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) hatte ich die Möglichkeit ein Auslandspraktikum, als Teil des Erasmus+ Programms, durchzuführen.
Es war schnell klar, dass ich nach Irland wollte. Ausschlaggebend waren die englische Sprache und die schöne Natur. Meine Bewerbung bei der Universität von Galway war erfolgreich und ich habe dort vier Wochen die Bibliothek und das Archiv kennengelernt.
Obwohl März wettertechnisch nicht die angenehmste Zeit für Irland ist, haben meine Kollegen*innen das durch ihre Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft mehr als wettgemacht.
Der Innenhof des alten Universitätsgebäudes. Fotos: DNB, Annika Wenzel, CC-BY-SA 3.0DE
Arbeiten in gotischen Gemäuern
Im alten Universitätsgebäude sind noch heute Teile des Archives untergebracht. Dort habe ich die meiste Zeit verbracht, da dort auch die Veranstaltungen stattfanden. Das waren Workshops für Studierende, Auftaktveranstaltungen für Projekte, Vorträge oder Diskussionen – selbstverständlich immer mit Tee und Scones!
Die Unibibliothek hat in den 80er Jahren einen Neubau erhalten (siehe unten). Dieser wurde, wie die DNB in Frankfurt am Main, im Stil des Brutalismus errichtet. Gerade wird ein komplett neues Gebäude gebaut, welches ein BookBot System (automatisierte Magazinverwaltung) haben wird. Dafür werden momentan alle Medienwerke per Hand ausgemessen. Allgemein liegt der Fokus der Universität auf Open Access und Digitalisierung, welche zügig vorangetrieben werden.
Umfangreiche Sammlungen
Das Universitätsarchiv hat bestimmte Sammelgebiete. Unter anderem alles zur irisch-gälischen Sprache, sowie zu irischer Emigration. Für letzteres habe ich an einem Projekt mitgearbeitet, welches Briefe zwischen Emigrant*innen und ihren zurückgebliebenen Familienangehörigen katalogisiert und digital zu Verfügung stellt (Imirce: The Kerby A. Miller Collection). Ebenso hatte ich die Chance an Zeitzeugeninterviews mitzuarbeiten und diese per Podcast zu veröffentlichen.
Bemerkenswerte Fakten
Den Beruf FAMI gibt es in Irland nicht, allgemein sind Ausbildungen eine Seltenheit. Meine Kolleg*innen waren primär fachfremd, nur wenige hatten ein Studium in Bibliothekswissenschaften.
Interessant war, dass alle staatlichen Universitäten in Irland Empfänger für Pflichtablieferungen (Legal Deposit Libraries) sind. Dadurch müssen irische Verleger ihre Medienwerke an insgesamt 9 Bibliotheken senden. Die Universitäten haben jedoch meist nicht den Platz, diese aufzubewahren.
Ebenso, dass die Universität in Galway, wie mittlerweile die meisten irischen Universitäten, die Fernleihe primär mit Deutschland und der EU betreiben. Seit dem Brexit ist es sehr schwierig geworden, diese mit Großbritannien durchzuführen, was zuvor fast ausschließlich der Fall war.
Klare Empfehlung
Während meines Aufenthalts in Galway habe ich viele einzigartige Erfahrungen gesammelt. Ich kann es allen Auszubildenden empfehlen, an diesem Angebot der Berufsschule teilzunehmen. Am Ende jedes Arbeitstages war es ein Highlight, an der Strandpromenade der Galway Bucht spazieren zu gehen.
Annika Wenzel
Annika Wenzel ist Auszubildende für Fach- und Informationsdienste in der Deutschen Nationalbibliothek im zweiten Lehrjahr.
