Shakespeares Bücher

23. April 2023
von Elke Jost-Zell

Zum Welttag des Buches 2023

Wir feiern das Lesen – feiern Sie mit uns! So lautet das Motto des UNESCO-Welttags des Buches in Deutschland und scheint wie gemacht für das Land, das Johannes Gutenberg hervorbrachte und das auch als das der Dichter und Denker gilt. Nicht zu vergessen, dass wir hier glücklicherweise über Bibliotheken wie Sand am Meer verfügen – all die öffentlichen und wissenschaftlichen Büchertempel, die Spezial- und Institutsbibliotheken, Stadt-, Landes- und Staatsbibliotheken Deutschlands – und eine Nationalbibliothek!

Was ist der UNESCO-Welttag des Buches?

Welttag des Buches am 23. April
Der Welttag des Buches feiert das Lesen, nicht nur von Shakespeares Werken
Foto: Deutsche Nationalbibliothek, Elke Jost-Zell, CC BY SA DE 3.0

Am World Book Day, auch World Book and Copyright Day oder International Day of the Book genannt, den die United Nations Educational Scientific and Cultural Organization (UNESCO) alljährlich organisiert, stehen Bücher und die Förderung des Lesens, Publizierens und des Copyrights im Focus.

Rund um den Globus veranstalten Buchhandlungen, Schulen und Bibliotheken zahlreiche Lesungen und Leseförderungsaktionen und verteilen kostenlos Bücher an Leserinnen und Leser. In Deutschland verschenkt dieses Konglomerat von Kulturorten alljährlich ein Welttagsbuch unter dem Motto „Ich schenke dir eine Geschichte“ an Kinder und Jugendliche. 2023 ist es der Comicroman Volle Fahrt ins Abenteuer der Autorin Katharina Reschke und des Illustrators Timo Grubing.

So hoffen die beteiligten Partner die schlichte, aber wichtige Freude am geschriebenen Wort durch das Lesen von Prosatexten zu fördern und damit das (Bücher)lesen als Kulturtechnik zu erhalten sowie Analphabetismus und Sekundäranalphabetismus vorzubeugen und entgegenzutreten. Die beteiligten Partner sind die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, die Stiftung Lesen, die Verlagsgruppe cbj, das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) und die Deutsche Post.

Wann findet der Welttag des Buches statt?

Als Datum wählte man den 23. April, da an diesem Tag eine erstaunliche Anzahl an Autor*innen zur Welt kam, oder diese verließ, wie Miguel de Cervantes und Inca Garcilaso de la Vega, P. L. Travers oder das berühmteste Mitglied dieser illustren Runde, William Shakespeare. Es gibt überraschend wenig gesicherte Informationen über den berühmtesten aller britischen Schriftsteller und seine Frau Anne Hathaway, dafür ranken sich umso mehr Legenden um ihr Leben und Wirken. Sogar Shakespeares Identität und Autorenschaft stehen immer wieder im Spiegel wildester Spekulation. Doch es gilt als sicher, dass er die Bühne der Welt, „in der Frauen und Männer nur Spieler“ sind, am 23.04.1616 verließ. Auch sein Geburtsdatum vermutet man an diesem Tag. Zumindest ist es für britische Schulkinder einfacher zu lernen, dass Shakespeare in der Zeit von 1564 bis 1616 lebte, und zwar von einem 23. April bis zum anderen.

Shakespeare und die Bücher

In Shakespeares England waren Leseerziehung und Buchbesitz den privilegierten Klassen vorbehalten, am Vergnügen des Theaters hingegen konnte auch das einfache Volk teilhaben. Shakespeare schrieb nicht nur ebenso produktiv wie erfolgreich Theaterstücke (38 Dramen, Komödien, Historien und Versdichtungen sowie 154 unvergleichliche Sonetten), er nutzte Bücher auch oft und gerne für seine wunderbaren Wortbilder:

„Über einem Buch gebeugt, nach dem Licht der Wahrheit suchen“ … „Ein Buch? Oh du seltenes, sei nicht ein Gewand, das edler ist als unsere abgewetzte Welt!“ … „Ich notiere dich in meinem Buch der Erinnerung“ … „Im unendlichen Buch der Naturgeheimnisse kann ich ein wenig lesen“ … „Der Liebe Geschichten, geschrieben in ihrem schönsten Buch, Mondstrahlen befächernd seine schlafenden Augen“ … um nur einige zu nennen.

Mit der Figur des Prospero, des rechtmäßigen, aber verstoßenen Herzogs von Mailand, schuf Shakespeare einen in der Literatur verewigten Bücherfreund. Der Regisseur Peter Greenaway wiederum setzte ihm Jahrhunderte später, im Jahr 1991, in dem Kinofilm Prosperos Bücher (Prospero’s Books) ein cineastisches Denkmal. In der Filmfassung erinnern die Titel der kostbaren magischen Bücher an die 37 verlorenen Abhandlungen Über die Natur von Epikur (341-270 v. Chr.), von denen nur Fragmente die Zeit überdauerten und die noch immer zusammengesucht und geordnet werden.

Prospero ruft mit Hilfe der magischen Bücher den Sturm (The Tempest) herbei, der seine usurpatorischen Feinde auf die verzauberte Insel treibt, beherrscht den Luftgeist Ariel, hält den Sohn einer Hexe in Schach und inszeniert die Trennung und das Zusammentreffen der Gestrandeten. Das Stück wurde im November 1611 uraufgeführt, die erste Druckfassung ist in der First Folio Edition von 1623 enthalten.

In der 2. Szene des 1. Aufzugs erklärt Prospero (Übersetzung von August Wilhelm Schlegel):

„[…] da ihm bekannt, ich liebe meine Bücher,

gab er mir Bänd‘ aus meinem Büchersaal,

mehr wert mir als mein Herzogtum […]“

Dennoch, vielleicht wegen der noch größeren Liebe zu seiner Tochter Miranda, rückt er im Laufe des Stücks das an ihm begangene Unrecht wieder gerade, vergibt seinen Feinden und schafft Frieden von Mailand bis nach Neapel. Am Ende entsagt Prospero der Magie, die er in seinen Zauberbüchern gefunden und genutzt hat. Oder doch nicht? Ihr Schicksal hüllt sich in silbrige Nebel.

Der Begriff der Magie wurde im elisabethanischen Zeitalter oft mit schwarzer Magie gleichgesetzt, doch Prosperos Zauberbücher bewirken in dieser Geschichte gute, weiße Magie und führen in ein für Shakespeare ungewöhnlich harmonisches und unblutiges Ende.

In der Deutungsgeschichte von Der Sturm vermutet man unter anderem, dass Prospero eins ist mit Shakespeare selbst, in der Spätphase seines Schaffens, oder dass er mit Shakespeares eigener Stimme spricht. Und wie so oft in der shakespeareianischen Dichtung findet man auch in diesem Stück Begriffe und Wortbilder, die in den allgemeinen englischen Sprachgebrauch eingegangen sind, zum Beispiel „brave new world“ und „melted into air, into thin air“.

Den Zauberstoff, den Bücher für die Menschen bergen, die lesen können, finden wir auch in uns selbst, wenn goode olde Will schreibt: „wir sind solcher Stoff, aus dem Träume gemacht sind, und unser kleines Leben ist umrundet von einem Schlaf.“

Zum Weiterlesen:

Wir feiern das Lesen – Welttag des Buches (welttag-des-buches.de)

Welttag des Buches – Wikipedia

World Book Day 2023 announcements – World Book Day

*Nachweis Beitragsbild auf der Startseite:Elke Jost-Zell, CC BY SA DE 3.0

Ein Kommentar zu „Shakespeares Bücher“

  1. Franziska Stein-Reitz sagt:

    Vielen Dank für den schönen Text. Ich habe mich im Studium intensiv mit „The Tempest“ befasst und finde ihre kurze Zusammenfassung und die Verbindung zum Welttag des Buches sehr gelungen.

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  • ISSN 2751-3238