Die dekorative Rahmung der Türen und Fenster

3. August 2023
von Laura Zoë Rosenthal

Dieser Blog-Artikel wurde nachträglich bearbeitet.

Über die Supraporten der Deutschen Bücherei

Die Türen der Deutschen Bücherei sind von diversen Supraporten bekrönt, die zu den ganz besonderen künstlerischen Ausstattungsstücken des Hauses gehören. Insgesamt bewahrt das Haus vier Supraporten auf, es existierten deutlich mehr, doch der Zweite Weltkrieg hat auch in dieser Hinsicht seine Spuren hinterlassen.

Betritt man die einladende und prächtige Eingangshalle des Hauses und wählt den weiteren Weg in den West- oder Ostflügel, so ist es unmöglich, sich den keramischen Reliefs von Kurt Feuerriegel (1880-1961) zu entziehen. Umrahmt von Früchten- und Blumengirlanden sowie von einem Lorbeerkranz und einer Getreidegarbe sind kindlich-heitere Motive in Form von spielenden Putti in einer intensiv leuchtenden Farbigkeit dargestellt.

Setzt man den Rundgang durch das Haus fort und betritt das zweite Obergeschoss, begegnet man den von Fritz Ernst Rentsch (1867-1946) gemalten Lünetten über den Türen des West- und Ostflügels. Nach Ansicht des Kunsthistorikers Alfred Langer gehören diese rundbogigen Supraporten zum Besten, was die Deutsche Nationalbibliothek an dekorativer Malerei aufzuweisen hat. Der Künstler habe seine schlichten Gestaltungen in die Rundbogenflächen über den Türen einzufügen gewusst und eine geschlossene Wirkung auf äußerst dekorative Weise und mit echtem Farbgefühl erzielt. Die relativ kleinen Bildflächen lassen nur symbolhafte Darstellungen in Form von zwei Frauen an jeder Supraporte zu. Am Gangende des Westflügels befindet sich eine Frau in sitzender Haltung, die in ihrer rechten Hand eine Fackel als Symbol der Erhellung des Geistes durch das Wissen hält. Ihr Oberkörper ist nackt, auf ihrem Unterleib ist ein durchsichtiges, in weichen Falten fallendes Tuch platziert. Der Hintergrund wird von Rankenpflanzen gebildet, diese Gestaltung wiederholt sich in der Darstellung der zweiten Frau an der Tür des Ostflügels. Sie beschriftet ein großes, aufgeschlagenes Buch, ihr Körper ist bis zu den Brüsten mit einem leicht durchsichtigen Tuch umhüllt. Zu damaligen Zeiten waren die Tür und die zugehörige Supraporte eine Einheit, die durch einen schwarz gemalten Rahmen betont wurde. Heute fehlen diese Rahmungen, wodurch der Eindruck entstehen kann, dass die Malereien wie zufällig angebracht wirken.

Weitere Ausstattungsstücke des Hauses, die leider nicht mehr existieren, befanden sich am Eingang des Direktorenzimmers im 2. Obergeschoss. Dieser wurde in Form einer dreiteiligen Tür mit durchbrochenen Holzschnitzereien und Rosetten in Medaillonform gestaltet. In dem mittleren Holzmedaillon lässt sich ein Blumenstrauß erkennen, rechts und links ist je ein reitendes Mädchen, einmal auf einem Steinbock sowie auf einem Esel, zu sehen. Zudem befand sich über der Tür einer der unzähligen Leitsätze im Haus, mit folgenden Worten:
„Gebraucht der Zeit / Sie geht so schnell von hinnen / Doch Ordnung lehrt euch Zeit gewinnen.“

Die Medaillons der dreiteiligen Tür zum Direktorenzimmer im 1.OG von 1916 / Foto: DNB Archiv

Eine weitere, heute nicht mehr erhaltene Supraporte befand sich ebenfalls im ersten Obergeschoss am Durchgang zum Beamtenzimmer an der Ostseite. Auch dieses war ein Werk von Fritz Ernst Rentsch und stellte eine Greifenfigur, ein bekanntes Symbol des Buchhandels, dar. Anhand einer Aufnahme aus dem Fotoarchiv lässt sich die Zugehörigkeit zwischen Bild und Tür durch die einst existierenden schwarzen Umrahmungen erkennen. Die Arbeiten von Rentsch sind im Haus mehrfach vertreten, so auch in einer weiteren Türgestaltung, welche sich am Durchgang zum Kartensaal befand. Dem Aufbewahrungsort entsprechend, war dort eine junge Frau mit einem Globus dargestellt. Auch wenn nicht mehr alle Supraporten existieren, ist ein Rundgang durch die Deutsche Nationalbibliothek mit seinen dekorativ gestalteten Türen lohnend und vermittelt eine Ahnung davon, wie die Tore zur Wissenschaft einst ausgesehen haben.

Auf den Spuren der einst existierenden Buntglasfenster

Die Gestaltung der Fenster in der Deutschen Bücherei war ein langwieriger und komplizierter Prozess – umso bedauerlicher ist es, dass heute nur noch ein Bruchteil vorhanden ist. Geplant war es, die Fenster in den Gängen des Verwaltungsgebäudes mit farbigem Bildschmuck zu versehen. Bei der Realisierung achtete die Bauleitung strengstens auf die Einhaltung der Fenstersprossenteilung, um eine einheitliche architektonische Gestaltung des Baukörpers gewährleisten zu können. Allerdings verzögerte sich die Gewinnung von Stiftern und Künstlern für die Ausführung dieser Fenster, hinzu kam der Materialmangel in Folge des Ersten Weltkriegs, sodass sich die Herstellung bis in die 1930er Jahre zog. Leider blieben die Fenster nicht lange erhalten, ein Großteil wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Möchte man sich einen Eindruck davon verschaffen, wie es damals im gesamten Verwaltungsgebäude der Nationalbibliothek aussah, so muss man in den Keller des Hauses, in die Cafeteria, gehen. Die Entwürfe für die sechs kleinen Buntglasfenster lieferte der Münchner Maler, Illustrator und Kunstgewerbler Paul Neu (1881-1940). In den drei linken Fenstern sind Bauernmädchen in Volkstrachten, welche stark vereinfacht gestaltet wurden, dargestellt. Auf der rechten Seite wird eine Fortuna-Darstellung mit Füllhorn von zwei ländlichen Motiven in Form eines säenden Bauern und eines Rosengärtners umgeben.

Das Treppenhaus in den darüber liegenden Geschossen war zu damaliger Zeit deutlich weniger lichtdurchflutet als heute. Im Westgang des Erdgeschosses waren fünf farbige Glasfenster nach den Entwürfen von Anton Kling (1881-1963), ausgeführt von der Firma Gebrüder Kuball.  Von den norddeutschen Buchhändlervereinigungen gestiftet, stellten sie vor allem Ansichten norddeutscher Städte dar. Der Ostgang des Erdgeschosses wurde von weiteren fünf Fenstern geschmückt, welche von dem Maler Reinhold Klaus (1881-1963) sowie der Firma Gehrings Erben in Wien ausgeführt wurden und ein Geschenk des ehemaligen österreich-ungarischen Buchhändlervereins waren. Ein Exemplar sollte als Dank für die beiden ältesten deutschen Universitäten Prag und Wien dienen. Die Gänge der West- und Ostseite im ersten Obergeschoss wurden ebenfalls mit farbigen Glasfenstern geschmückt, wovon fünf Fenster des Westgangs von den sächsischen Buchhändlervereinigungen gestiftet worden waren und von dem Leipziger Maler Paul Horst-Schulze (1876-1937) ausgeführt wurden. Auf einem dieser Fenster sind Frontsoldaten zu sehen, von denen der linke seine Trompete zum Angriff bläst und der rechte eine flatternde Fahne in den Händen hält. Ebenfalls im Westflügel befand sich ein, von dem Dresdner Buchhändlerverein gestiftetes, Fenster, das zwei aus Dresden stammenden Persönlichkeiten der Kulturgeschichte gewidmet war. Es zeigte Poträtköpfe des Malers Ludwig Richter (1803-1884) und des Freiheitskämpfers Theodor Körner (1791-1813).

Auf der Ostseite des Ganges befand sich ein weiteres Fenster, gestiftet von dem süddeutschen Buchhändlerverein und ausgeführt von dem Münchner Hofglasmaler F.X. Zettler (1841-1916). Auf diesem stand zudem der alte Spruch geschrieben: „Wie sich einer schickt, also es ihm glückt.“ Alle die hier erwähnten Fenster des ersten Obergeschosses waren zudem von Putten-Darstellungen verziert.

Im zweiten Obergeschoss befanden sich bis 1943 weitere Buntglasfenster, darunter eines mit den 16 Wappen deutscher Länder, die von dem Mitteldeutschen und Frankfurter Buchhändlerverband gestiftet und von dem Künstler Otto Hupp (1849-1949) entworfen wurden. Besonders wertvollen Schmuck stellte die farbige Verglasung des Vortragssaals dar, wofür der Künstler Max Seliger (1865-1920) Entwürfe für insgesamt neun Fenster schuf. Er nutzte für seine Darstellungen Symbole des Buchhandels wie beispielsweise die Eule. Wegen der vielen Buntglasfenster war seinerzeit im gesamten Haus deutlich dunkler und es herrschte eine völlig andere Lichteinstrahlung als heute.

Wiederentdecktes Fenster mit Annenfigur aus der Zeitschrift Dialog mit Bibliotheken 2021/02 / Foto: DNB

Ein besonderes Fundstück, welches nicht frei zugänglich, aber glücklicherweise noch existent ist, stellt ein, in einen Holzrahmen gefasstes, Buntglasfenster der Heiligen Anna dar, die in der Kirchenlehre als Pädagogin und als Patronin der Gelehrten auftritt. Die mittig stehende Annenfigur ist links und rechts von je einem Kind umgeben, das Linke nimmt ein Buch entgegen, das Rechte hält einen braunen Wälzer in der Hand, was passend im Bibliothekskontext steht. Es ist in einem erstaunlich guten Zustand, was vermuten lässt, dass es geschützt aufbewahrt wurde. Auch die Überlieferungen, die zu diesem Fenster existieren, bestätigen diese Vermutung, da es verschiedene Debatten über einen geeigneten Aufstellungsort gab, die nie zielführend waren, sodass es sich bis dato im Keller befindet. Wer sich intensiver in diese Thematik einlesen möchte, schaut am besten in die Ausgabe 02/2021 der Zeitschrift Dialog mit Bibliotheken, in der der Artikel Spurensuche: Buntglasfenster nach 100 Jahren wiedergefunden von Stephanie Jacobs und Tom Diener publiziert ist.

Laura Zoë Rosenthal ist Studentin an der Universität Leipzig. Nachdem sie ihren Bachelor in Kunstgeschichte und Soziologie als der Georg-August-Universität Göttingen absolviert hat, führt sie ihren Master in Kunstgeschichte fort.

Im Kontext seiner Kooperation mit der Wissenschaft hat das Deutsche Buch- und Schriftmuseum im Wintersemester 2022/23 einen Lehrauftrag an der Universität Leipzig durchgeführt, das sich unter dem Aspekt der Gestaltung, Funktionen und Ästhetiken des Speicherns mit der spannenden 111-jährigen Geschichte der DNB beschäftigt. Es ist eine in der Strategie der DNB fest verankerte Lehrkooperation, deren Ergebnisse zugleich Auskunft geben über 111 Jahre Bibliotheksgeschichte.

*Nachweis Beitragsbild auf der Startseite:Laura Zoë Rosenthal

2 Kommentare zu „Die dekorative Rahmung der Türen und Fenster“

  1. Theresa Kleeberg sagt:

    Vielen Dank für den informativen Artikel. Ich wollte schon lange mal etwas über diese Kunstwerke erfahren. An einigen gehe ich fast täglich vorbei.
    Allerdings hat sich ein kleiner Fehler in den Artikel eingeschlichen. Die Suppraporten von Fritz Ernst Rentsch befinden sich jeweils im 2. OG. Intern wird bereits das Hauptfoyer mit den Lesesälen als 1. Ebene gezählt, weshalb sich die Bilder nach interner Zählung in der 3. Ebene befinden.

    1. Josephine Kreutzer sagt:

      Vielen Dank! Wir haben die Zählung korrigiert.

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