My Metadata – das Zeitalter der Metadaten
Fragen wir unsere wunderblaue Bibliotheks-TARDIS, in welchem Jahr wir endgültig im Zeitalter der digitalen, omnipräsenten Metadaten angekommen sind, schlägt sie uns 2010 vor. Und so reisen wir ins Jahr 2010 … drei Jahre nach dem Big Bang des iPhone der 1. Generation. Wieder überrascht der Computerindustrie-Unternehmer und Apple-CEO Steve Jobs die Welt und stellt das erste iPad vor, im unverwechselbar eleganten Design seiner Apple-Produkte. Von dieser Zeit an sind Metadaten, für die sich bisher vor allem Bibliothekar*innen und Informatiker*innen begeisterten, allgegenwärtig.
Neu ist, dass man nun nicht nur im beruflichen Alltag, wie bei der Katalogisierung von Büchern, mit Metadaten in Berührung kommt, sondern auch privat. Sie begleiten uns buchstäblich auf Schritt und Tritt, und es ist fast unmöglich, nicht sekündlich selbst Metadaten zu produzieren.
Announcement: Metadaten sind nun allumfassend, aber mit den das All umfassenden Metadaten beschäftigen wir uns in einem späteren Blogbeitrag.
Springen wir nun ins Jahr 2023 und begleiten eine Bibliothekarin, die in Frankfurt am Main lebt und arbeitet, an einem sommerlichen Urlaubstag. Dabei lassen wir die TARDIS analysieren, wann und wo sie in Kontakt mit Metadaten kommt … Unsere Bibliothekarin ist, das dürfen wir gleich verraten, im privaten Leben fasziniert von den Sternen, dem Weltall und allem, was „da draußen“ ist. Für die Feststellung, dass es warm ist und die Sonne scheint, benötigt sie nur ein geöffnetes Fenster, aber für die Frage, ob das Wetter über ihre Urlaubszeit so bleibt, checkt sie auf ihrem Handy die aktuelle Warn- und Wetterlage des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach und hinterlässt dabei ihre IP-Adresse.
Nachdem sie weiß, dass die freien Tage von keinen Wölkchen getrübt werden, läutet der Song Counting Stars von OneRepublic ein entspanntes Frühstück ein. Das Lied wird gefunden, weil Spotify zusätzliche Daten über die Nutzung des Liedes für den Algorithmus und seine Urheber*innen speichert.
Als nächstes checkt die Sternenfreundin ihren Feed in Instagram, liest den aktuellen Beitrag von „astro alex esa“ und scrollt durch die Bildbeiträge des Geophysikers und Astronauten Alexander Gerst.
Dann bewundert sie ein von der NASA gepostetes Foto des Mondes Callisto, der aussieht wie eine hübsche Glitzerversion des Todessterns aus Star Wars – zum Glück ohne Stormtrooper und Darth Vader.
Beim nächsten Besuch bei Instagram wird ihr unter anderem der Account von „nasahubble“ empfohlen – Instagram ist der Foto- und Video-Social-Networking Service von Meta Platforms (früher: Facebook), und sein Algorithmus schläft nie.
Nach dem Frühstück fährt sie mit dem Scooter in die Innenstadt, wobei die App von Scooter genau speichert, wann sie von einer Stelle zur nächsten fährt. Im Elbenwald-Store kauft sie ein T-Shirt mit einem Aufdruck der Millenium Falcon – schon als Kind träumte sie davon, in diesem recht ramponierten Raumschiff mit Han Solo und Chewbacca Weltraumabenteuer zu erleben. Im Umkleideraum macht sie ein Foto mit ihrem Handy und teilt es auf Instagram, dabei werden im Foto Daten zur Urheberin, über den Ort, die Zeit und das Gerät gespeichert. Das Shirt bezahlt sie mit Payback – bei der Anmeldung hat sie eingewilligt, dass zahlreiche Daten (Anmelde-, Einwilligungsdaten, Kundenstatus, Karteneinsatz-, Zahlkarten-, Werbe- und Kommunikationsdaten) gesammelt werden dürfen.
Dann läuft unsere Bibliothekarin zur nächsten U-Bahn-Station und schaut in der RMV-App, wann die nächste Verbindung ist. Die Fahrkarte kauft sie dort auch gleich – ihre Daten sind dem Fahrplan hinterlegt.
Sie fährt in ein japanisches Restaurant, in dem sie mit einer Freundin verabredet ist, die im nächsten Observatorium arbeitet. Es gibt eine digitale Speisekarte, deren Menübeschreibungen unseren Sternenfreundinnen das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. Die Metadaten der Bestellung fließen vom elektronischen Gerät des Kellners direkt in die Küche, wo die Miso-Suppe gerade fertiggekocht wurde und das Sushi schon wartet.
Kaum steht das Essen auf dem Tisch, fotografiert unsere Bibliothekarin die stilvoll angerichteten Teller und schickt die Fotos per WhatsApp an ihre Schwester. Diese lebt in London, antwortet wenige Minuten später und wünscht sich so etwas Cooles wie die TARDIS herbei, um nach Frankfurt zu reisen und mit ihrer Schwester Miso-Suppe essen zu können.
Abends bei der Planung ihres Vortrags im Akademischen Kreis der Hobbyastronomen über Sonnenstürme und wie wir sie (als Aurora Borealis und Australis) am Abendhimmel wahrnehmen können hilft ihr chatGPT dabei, Werte in eine excel-Tabelle zu transferieren. Dabei speichert der Chatbot des US-amerikanischen Softwareunternehmens OpenAI alle ihre Eingaben ab, um künftige Algorithmen zu optimieren und so seine Lernfähigkeit zu verbessern.
Der Tag klingt aus mit einer neuen Folge von Star Trek: Starfleet Academy auf Netflix, was zur Folge hat, dass die Bibliothekarin mit der Empfehlung „Das könnte Sie interessieren“ andere Serien ähnlichen Inhalts angezeigt bekommt.
Und weil sie das Gefühl hat, viel zu oft in kleine Bildschirme zu starren, deinstalliert sie Tiktok auf ihrem Handy und meldet sich von der Plattform „X“ (früher „Twitter“) ab. Danach zündet sie eine Kerze an, kocht eine Tasse Tee und schlägt ein Buch auf – Carl Sagans Klassiker Unser Kosmos.