Thüringer Wasserzeichen
Im Januar 2024 wurde im Deutschen Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek die Erschließung von über 17.000 Thüringer Wasserzeichen (in Originalpapieren oder als Pausen) auf Einzelblattebene abgeschlossen. Die Datensätze sind nun im Online-Katalog weltweit verfügbar.
Damit ist ein weltweit einmaliger, äußerst dicht belegter Bestand an digital eingearbeiteten Papiermühlen, Papiermacher*innen und Wasserzeichenbelegen entstanden. Dieser ermöglicht es, vergleichende Untersuchungen der erschlossenen Wasserzeichen vorzunehmen, die wiederum papiergeschichtliche und musikwissenschaftliche (etwa in der Bachforschung), wie auch kunsthistorische, literatur- und buchwissenschaftliche Forschungen untermauern können.
Wasserzeichen
Wasserzeichen sind ein Herkunfts- und Qualitätsmerkmal vor allem handgeschöpfter Papiere. Die filigranen Marken entstehen durch auf dem Schöpfsieb aufgebrachte Drahtfiguren:
Auf diesen Drähten legt sich beim Schöpfen des Papiers weniger Fasermasse ab als auf den tieferen Teilen des Siebes; das Blatt ist an diesen Stellen dünner, dadurch erscheinen diese Partien im Durchlicht als helle Zeichen im Papier.
* Rinck 2015, S. 40.
Die Leipziger Wasserzeichensammlung
Die Wasserzeichensammlung des Deutschen Buch- und Schriftmuseums der Deutschen Nationalbibliothek ist mit mehr als 400.000 Objekten die weltweit größte Sammlung ihrer Art. Sie enthält sowohl originale Papiere als auch Reproduktionen von Wasserzeichen (Handpausen oder Kopien). Die Wasserzeichenbelege dienen als Grundlage für die Echtheitsprüfung sowie die Herkunfts- und Altersbestimmung von Papieren.
Papierherstellung in Thüringen
In Thüringen gab es im Vergleich zu anderen Landschaften besonders viele Papiermühlen. Ein Grund dafür sind die günstigen Wasserverhältnisse, die für die Anlage von Papiermühlen Voraussetzung waren. Menge und Qualität des Wassers waren sowohl als Antriebskraft als auch direkt für das Papierschöpfen ausschlaggebend. Ohne gutes Wasser kann kein gutes Papier hergestellt werden.
Thüringen gilt als eines der bedeutendsten kulturellen Zentren Deutschlands, besonders im Zeitraum von der Reformationszeit bis zur Deutschen Klassik.
Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Martin Luther
** Rinck 2016, S. 260.
und Johann Sebastian Bach arbeiteten und wirkten hier und sie schrieben
ihre Gedichte, Dramen, Thesen oder Noten häufig auf das in der Region
produzierte Thüringer Papier.
Der Thüringer Bestand umfasst ca. 95 Papiermühlen, etwa 500 Papiermacher und Papiermacherinnen und annähernd 25.000 Wasserzeichen, die auf über 17.000 Wasserzeichenbelegen überliefert sind. Eine solche flächendeckende Wasserzeichen-Erschließung eines größeren Gebietes über die Jahrhunderte hinweg ist weltweit einzigartig.
Die Wasserzeichen sind im Online-Katalog der Deutschen Nationalbibliothek recherchierbar unter dem Suchwort „Wasserzeichenbeleg“: DNB, Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Literaturhinweise
* Rinck 2015. Julia Rinck: Das Projekt Wasserzeichen-Informationssystem (WZIS). In: Dialog mit Bibliotheken, 27. Jahrgang, 2015, Heft 1, Leipzig und Frankfurt: Deutsche Nationalbibliothek.
Dialog mit Bibliotheken 2015/1 (d-nb.info)
** Rinck 2016. Julia Rinck: Digitalisierung und Erschließung von Thüringer Wasserzeichen aus den Papierhistorischen Sammlungen des Deutschen Buch- und Schriftmuseums der Deutschen
Nationalbibliothek in Leipzig im Rahmen des DFG-Projekts „Wasserzeichen-Informationssystem“ (WZIS). In: Wasserzeichen – Schreiber – Provenienzen. Hrsg. von Wolfgang Eckhardt ; Julia Neumann ; Tobias Schwinger ; Alexander Staub. Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann GmbH, 2016.
Andrea Lothe
Andrea Lothe ist Kuratorin der Wasserzeichensammlung im Deutschen Buch- und Schriftmuseum.
Julia Rinck
Julia Rinck ist Kuratorin der Grafischen Sammlung und der Buntpapiersammlung im Deutschen Buch- und Schriftmuseum.
Margareta Schultz
Margareta Schultz ist Mitarbeiterin im Deutschen Buch- und Schriftmuseum.