Das „rollende“ Regal

13. Oktober 2023
von Tom Diener

Die Firma August Blödner aus dem thüringischen Gotha lieferte für den Neubau der Deutschen Bücherei in Leipzig einen Großteil der benötigten Regale – auch als „eiserne Büchergestelle“ bezeichnet. Der Clou dieser Konstruktion war freilich ihre Flexibilität bei gleichzeitig hoher Traglast. Die Stützen wurden dabei fest in der Gebäudestruktur verankert, während die einzelnen Regalfachböden separat in einer Sprossenleiste in den Stützen eingehängt werden konnten. Je nach Bedarf, also abhängig von der Größe der Medien, konnte man so den Abstand zum nächsten Regalfachboden variieren. (Näheres zur Geschichte dieses Regalsystems erfahren sie in dem folgenden Beitrag: Lipmanregale – oder etwa nicht? – blog.dnb.de)

Neben ihrem Regalsystem lieferte die Firma Blödner mehrere Bücherwagen an die Deutsche Bücherei. Dabei handelte es sich vor allem um hölzernen Wagen, die konstruktiv mit diesem Fabrikat der Firma Krieger vergleichbar sind (siehe auch Bild 1 und 2). Ferner beschaffte die Deutsche noch eine Sonderanfertigung aus Eisen – ein „rollendes Regal“.

Zum Transport größerer Mengen müssen die Bücher normalerweise vom Regalfachboden auf den jeweiligen Bücherwagen umgeladen werden. Um diesen Vorgang bei größeren Transportmengen zu vereinfachen, bestellte man bei der Firma August Blödner einen speziellen Wagentyp, welcher mit eben jenen Regalfachböden der Büchergestelle vollständig kompatibel war: „Diese Böden [der Firma Blödner, Anm. d. Verf.] können zu je 6-8 Stück mit den Büchern in besonders konstruierten Wagen befördert werden“ – so lautet die Beschreibung in der Zeitschrift für Bauwesen in der Ausgabe 67 aus dem Jahr 1917[1]. Zu Illustration dieser Beschreibung ist auch eine technische Zeichnung beigefügt worden.

Dieser Wagen blieb vermutlich eine Einzelanfertigung speziell für den Bedarf der Deutschen Bücherei, da er in keinem verfügbaren zeitgenössischen Katalog der Firma Erwähnung fand.

Zu seinem Einsatz und ob es sich im täglichen Betrieb tatsächlich als praktikabel erwiesen hatte, einen vollen und damit sehr schweren Fachboden am Regal aus- und in dem Wagen wieder einzuhängen, ist schriftlich bisher nichts überliefert. Eine kuriose Idee bleibt das „rollende Regal“ dennoch. Heute dient der Wagen ohne die dazugehörigen Fachböden als Abstellmöglichkeit für Baumaterial in einem Kellerraum der Bibliothek.


[1] Die Ausgabe der Zeitschrift ist digital frei verfügbar: https://digital.zlb.de/viewer/image/15239363_1917/1/LOG_0003/

*Nachweis Beitragsbild auf der Startseite:Tom Diener

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